Prof. Dr. Horst W. Opaschowski
Gastbeitrag zum Monatsthema 1/14
Mit großer Freude können wir diesmal einen Gastbeitrag von einem der renommiertesten Zukunftsforscher Deutschlands veröffentlichen. Prof. Dr. Opaschowski ist bekannt für zahlreiche Prognosen und Veröffentlichungen und ebensoviele Auszeichnungen. Für uns erläutert er, wie man richtig in die Zukunft blickt.
Gastbeitrag zum Monatsthema 1/14
Mit großer Freude können wir diesmal einen Gastbeitrag von einem der renommiertesten Zukunftsforscher Deutschlands veröffentlichen. Prof. Dr. Opaschowski ist bekannt für zahlreiche Prognosen und Veröffentlichungen und ebensoviele Auszeichnungen. Für uns erläutert er, wie man richtig in die Zukunft blickt.
Der
Autor ist Zukunftswissenschaftler und gilt international als „Mr.
Zukunft“, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) schreibt. Er ist
Verfasser des Buches „Deutschland 2030“, das aktuell im
Gütersloher Verlagshaus erschienen ist.
Über
der Haustür von Niels Bohr, dem großen dänischen Atomphysiker, war
einst ein Hufeisen befestigt. Ein Freund sprach ihn prompt darauf an:
„Aber Du glaubst doch nicht an so etwas!“ „Nein“, antwortete
Bohr, „natürlich nicht. Aber ich habe mir sagen lassen, dass es
trotzdem wirkt.“ Und als Niels Bohr seine Atomtheorie entwickelt
hatte, wurden Stimmen laut wie: „Mein Gott, muss der gerechnet
haben.“ Seinen Freunden und Schülern vertraute der Gelehrte jedoch
an: „Ich habe nicht gerechnet. Das war ein Einfall“. So
muss Zukunftsdenken auch verstanden werden: Eine Antenne für das
Kommende haben, eine Art inneres Radarsystem, das ständig die
Gegenwart beobachtet und systematisch der Frage nachgeht: Wo gehen
die Dinge hin?
Müssen
aber nicht angesichts der gegenwärtigen weltpolitischen Lage
konkrete Aussagen, die sich auf Entwicklung, Veränderung und
Zukunftsperspektiven beziehen, auf den ersten Blick unrealistisch
erscheinen? Lassen globale Krisen präzise Prognosedaten nicht
schnell zur Makulatur werden?
Prognosen
erzielen immer dann eine große Treffsicherheit, wenn sie von der
zentralen Frage ausgehen: Was
will der Mensch? Erst danach
ergeben sich Antworten darauf, was wirtschaftlich und technologisch
alles möglich wäre. Daraus folgt: Große
gesellschaftliche Veränderungen von der Perestroika bis zur
deutschen Vereinigung lassen sich nicht präzise prognostizieren,
auch Kriege und Krisen von der Energiekrise über den Golfkrieg bis
zu den Terroranschlägen in den USA nicht - voraussagbar aber sind
die Lebensgewohnheiten der Menschen in den nächsten Jahren. Denn:
Zukunft ist Herkunft. Wer nicht zurückschauen kann, kann auch nicht
nach vorne blicken.
Lebensgewohnheiten
sind wie eine zweite Natur
und haben fast die Wirkung einer Kleidung aus Eisen, die nur schwer
zu sprengen ist. Viele Tätigkeiten im Alltag werden so lange
praktiziert, dass sie – wie Aufstehen, Essen und Schlafengehen –
fast zur lieben Gewohnheit bis ins hohe Alter werden. Gewohnter
Lebensrhythmus und alltäglicher Regelkreis sind den Menschen
geradezu in Fleisch und Blut gegangen. Viele Menschen können einfach
nicht aus ihrer Haut heraus – heute nicht und morgen auch nicht.
Der
Wertewandel einer Gesellschaft besteht nicht darin, dass sich die
Menschen sozusagen über Nacht verändern. Er vollzieht sich vielmehr
allmählich in dem Maße, in dem die jüngere Generation einer
Gesellschaft die ältere Generation Zug um Zug ablöst. Und eine
junge Generation, die unter veränderten gesellschaftlichen
Lebensbedingungen aufwächst, gelangt zwangläufig zu anderen
Erfahrungen und Gewohn heiten. Damit verändern sich auch die
Einstellungen zu Arbeit und Leben, zu Partnerschaft, Familie und
Freundeskreis.
Junge
Generation erwartet 2014 bessere Zeiten
und
eine bessere Gesellschaft
Es
kann nicht überraschen: „No future“ ist für die meisten
Jugendlichen heute zum Fremdwort geworden. Die junge Generation
wächst in unsicheren Zeiten auf. Sie kennt fast nichts als
(Dauer-)Krise und versteht sich selbst schon als ‚Generation
Krise‘. Sie gibt dennoch ihre Hoffnung auf bessere Zeiten nicht
auf. Trotz weltweiter Finanz- Wirtschafts- und Umweltkrisen blickt
sie optimistisch in die eigene Zukunft. Nach der aktuellen
Repräsentativumfrage des Hamburger Ipsos-Instituts wünscht sich
eine deutliche Mehrheit der unter 34-Jährigen eine bessere
Gesellschaft und will auch mithelfen, eine bessere Gesellschaft zu
schaffen – durch Eigeninitiative und sozialen Zusammenhalt. Sie
vertraut dabei auf die Kontakte und das Zusammenleben mit Freunden
und sozialen Netzwerken. Das soll der soziale Kitt für eine
lebenswerte Gesellschaft in der nahen Zukunft sein.
Die
positive Grundstimmung kommt nicht von ungefähr. Die
wirtschaftlichen Aussichten stimmen für 2014 überaus positiv:
Wachsende Wirtschaft und Rekorde in der Handelsbilanz, konstante
Löhne und stabile Preise, steigende Konsumausgaben, niedrige Zinsen
und beste Beschäftigungszahlen bleiben nicht wirkungslos. Hinzu
kommt die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit seit Jahren. So erklärt
sich der große Zukunftsoptimismus der jungen Generation. Die Wünsche
der jungen Generation für das neue Jahr sind klar: Ich erwarte
bessere Zeiten – und eine bessere Gesellschaft.
So
bleibt nur zu hoffen, dass die Politik die Erwartungen der jungen
Generation nicht enttäuscht. Nur zu berechtigt ist die Sorge, dass
Politiker und Parteien mehr die nächste Wahl als die nächste
Generation im Blick haben.
Es ist auch wichtig bei der Betrachtung von Vergangnem immer im Kopf zu behalten, dass es im Nachhinein immer einfach ist, zu sagen, dass etwas vorhersehbar war. Zu dem betreffenden Zeitpunkt, an dem auch oft weniger Informationen zur Verfügung stehen als später, ist es deutlich schwieriger. Heute schent uns der Fall der Mauer als unausweichlich - das war damals nicht so leicht vorherzusehen.
AntwortenLöschenÜbrigens: Vielleicht hätte Bohr doch etwas mehr rechnen sollen - er hat zwar beinahe Recht, konnte seine Prämissen aber nicht begründen.
Zu diesem Satz eine Anmerkung und eine Frage….“Nach der aktuellen Repräsentativumfrage des Hamburger Ipsos-Instituts wünscht sich eine deutliche Mehrheit der unter 34-Jährigen eine bessere Gesellschaft und will auch mithelfen, eine bessere Gesellschaft zu schaffen – durch Eigeninitiative und sozialen Zusammenhalt..“
AntwortenLöschenIch sehe es auch so, dass es die Sozialen Netzwerke wie Xing, Facebook oder Skype etc. der heutigen Generation erleichtern sozialen Zusammenhalt zu verwirklichen. Dazu kommt die Möglichkeit relativ bequem und preiswert zu reisen und zu kommunizieren. Zusammenhalt ist aber nur die mentale Ebene.
Nur wie steht es mit der Eigeninitiative d. h. dem aktiven Engagement eine „bessere Gesellschaft „ zu schaffen. Zwischen „wünschen und wollen“ und der tatsächlichen Umsetzung sehe ich ein großes Delta. Ich bin nicht der Meinung dass sich eine „deutliche Mehrheit“ meiner Altersgenossen sozial oder gesellschaftlich engagiert. Wie ist Eure Einschätzung ?
Es sind schon einige aktiv, aber nicht unbedingt, um eine bessere Gesellschaft zu erreichen.
LöschenViele machen das auch, um an einer sozialen Gruppe teilzuhaben, um ihren Lebenslauf aufzubessern, oder um für einen Tag nicht in die Schule zu müssen (wie manche - natürlich nicht alle! - Wahlhelfer)
Ich denke, es sind mehr sozial engagiert, als man auf den ersten Blick sieht. Nur geschieht das oftmals "im Stillen", wo es wenige mitkriegen. Bei der "Eigeninitiative" sehe ich schon größere Probleme.
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