Einerseits
sehe ich unsere aktuelle Lage und den Blick auf 2014 wie Herr Opaschowski. Ja, die Stimmung unter Jugendlichen ist positiv. Ja, man
gewöhnt sich an Krisen und stellt immer wieder fest, dass nach einer
Krise alles halb so schlimm war. Aber wir in Deutschland sind auch in
einer guten wirtschaftlichen Lage. Diese Rahmenbedingungen helfen in
der Bewältigung von Krisen.
Dennoch
möchte ich darauf hinweisen, dass unsere heile Welt auf tönernen
Füßen steht. Einige Ereignisse aus der Vergangenheit und konkret
aus dem Jahr 2013 werden für uns auch 2014 und in den Folgejahren
Herausforderungen sein. Nachfolgend habe ich zu einigen Themen meine
Einschätzung beschrieben, und stelle sie somit zur Diskussion.
Natur
Blickt
man zurück, so ist eine wichtige Erkenntnis, dass die Natur vom
Menschen weder beherrschbar noch vorhersehbar ist. Naturkatastrophen
werden auch 2014 Einfluss auf unser Leben haben, auch wenn sie sich
nicht bei uns in Deutschland ereignen. Der Tsunami in Fukushima hat
dazu geführt, dass die Autoproduktion in Europa behindert war weil
Autoteile fehlten. Das Hochwasser in Thailand hat einen weltweiten
Mangel von Festplatten zur Folge, weil ein Großteil der Festplatten
in Thailand produziert wird. Der Vulkanausbruch in Island behinderte
den Flugverkehr in ganz Europa. Trockenheit in den USA und Australien
lassen weltweit die Getreidepreise explodieren. Egal welches der
vergangenen Jahre man betrachtet, irgendwo in der Welt gab es
größere oder kleinere Naturereignisse. Und auch 2014 wird davon
nicht ausgenommen sein.
Kriege
Eine
weitere bittere Erkenntnis ist, dass die religiöse und ethnische
Toleranz in vielen Regionen der Erde nicht auf dem gleichen Niveau
ist wie bei uns. Religiöse Konflikte, die es bei uns im Mittelalter
gab (und an die heute noch mit Feiertagen wie dem Friedensfest am 8.
August in Augsburg erinnert wird), sind in anderen Regionen immer
noch akut oder flammen wieder auf. Beispielsweise der Konflikt im
Irak zwischen Schiiten und Sunniten. Oder der neu aufkeimende
Konflikt von Muslimen und christlichen Kopten in Ägypten. Hindus
kämpfen in Indien gegen Muslime. Aktuell gibt es Stammeskonflikte im
Süd-Sudan. Die Liste könnte man noch weiter fortführen. Auch 2014
wird gekennzeichnet sein von Meldungen über ethnische Säuberungen,
terroristische Attacken einer Glaubensgemeinschaft gegen die andere
oder kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Völkern.
EU
Wir
müssen akzeptieren, dass die Probleme, die wir in der Europäischen
Union haben, schon immer da waren und auch mittelfristig nicht gelöst
werden können. Eine wesentliche Ursache der Probleme in Europa ist,
dass die Unterschiede in den Mentalitäten zwischen den Nordeuropäern
und den Südeuropäern größer sind als wir uns eingestehen wollen.
(Die aktuelle Fernsehwerbung der Lufthansa spielt mit diesen
Unterschieden.) Völker haben Kulturen und Kulturen haben
Ausprägungen. Tugenden und Einstellungen wie Zuverlässigkeit,
Genauigkeit, Pünktlichkeit, Pflichtbewusstsein, Streben nach
Perfektion, Forschergeist und vieles mehr sind unterschiedlich
ausgeprägt. Dieses Verhalten ist bei einer einzelnen Person nicht
relevant, aber auf ein ganzes Land betrachtet wirkt es sich aus. Im
Positiven wie im Negativen. Einige Beispiele sollen das
verdeutlichen. Wir in Deutschland fordern von einem Bundespräsidenten
den Rücktritt, weil er sich womöglich zum Oktoberfest hat einladen
lassen. Minister müssen zurücktreten, weil sie in Ihrer
Doktorarbeit Plagiate haben. Die Italiener dagegen wählen eine
Person drei mal zum Ministerpräsidenten, der offensichtlich Steuern
hinterzogen hat und der Mafia „nahe“ steht. Wir sind erzürnt,
wenn die Deutsche Bahn fünf Minuten Verspätung hat. Woanders wird
eine Stunde Verspätung als Pünktlichkeit gepriesen. Selbst in
deutschen Behörden gibt es Zeitkonten und Stechuhren. Pausen und
Öffnungszeiten werden präzise eingehalten. In anderen Ländern
pocht man auf seine „Siesta“ und nimmt es mit der Uhr nicht so
genau. „Komm ich heute nicht, komm ich morgen.“ Wir bewundern im
Urlaub die Lockerheit der Bürger am Mittelmeer. Aber Geld kann man
mit dieser lockeren Einstellung in einer globalisierten Welt nicht
verdienen. Asiaten sind nicht locker und haben dazu noch günstigere
Löhne als Griechen und Spanier. Die internationale
Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder leidet unter solchen
Einstellungen. Nicht umsonst sind in der Eurokrise die Vorschläge
von seriösen Politikern und Intellektuellen (die fern von
rassistischem Gedankengut stehen) nach einem „Europa der 2
Geschwindigkeiten“ aufgekommen. In anderen Worten heißt das, dass
die südeuropäischen Länder schlichtweg nicht so leistungsfähig
und leistungswillig sind wie die nordeuropäischen (regional grob
vereinfacht).
Für
die Zukunft bedeutet das: Die EU-Länder werden 2014 weiterhin vor
der Frage stehen, ob die EU in dieser Konstellation weiterbestehen
soll oder ob einige Länder die EU oder zumindest den Euro verlassen
können. Da dies politisch nicht gewollt ist, bedeutet es, dass die
leistungsfähigen Europäer wie Deutschland die schwachen EU-Länder
auch weiterhin und für lange Zeit alimentieren müssen. Die EU-Krise
ist eine Dauerkrise, weil wir fundamentale Probleme haben und nicht
nur finanzielle.
Ich
zitiere Prof. Opaschowski aus seinem Beitrag: „Lebensgewohnheiten
sind wie eine zweite Natur
und haben fast die Wirkung einer Kleidung aus Eisen, die nur schwer
zu sprengen ist…. Viele Menschen können einfach nicht aus ihrer
Haut heraus – heute nicht und morgen auch nicht. … Der
Wertewandel einer Gesellschaft besteht nicht darin, dass sich die
Menschen sozusagen über Nacht verändern. Er vollzieht sich vielmehr
allmählich in dem Maße, in dem die jüngere Generation einer
Gesellschaft die ältere Generation Zug um Zug ablöst“ ..
So
setzen wir jungen Menschen in Deutschland unsere Hoffnung auf die
Jugend in den europäischen Krisenstaaten am Mittelmeer.
Deutschland
und wir
Für
uns Jugendliche gilt für die kommenden Jahre: Der Staat
Bundesrepublik Deutschland wird künftig bedeutend weniger
Sozialleistung an seine Bürger ausschütten, im Gegenteil mehr
Steuern und Abgaben erheben, um auch nur ansatzweise seinen
wesentlichen Verpflichtungen nachzukommen. Hintergrund ist, dass die
Verschuldung von Bund, Ländern und Kommunen bedauerliche
Spitzenwerte erreicht hat. Gleichzeitig wird Deutschland vermehrt
seinen internationale Verpflichtungen nachkommen müssen. Sei es in
der Nato aber vor allen Dingen in der EU. Dies kostet mehr Geld.
Aktuell
ist diese negative finanzielle Situation noch nicht erkennbar, weil
die Wirtschaft wächst und damit die Steuereinnahmen fließen. Die
große Koalition konnte sich weitere Einschnitte in Sozialleistungen
und weitere Steuererhöhungen ersparen – oder sie
verschieben.Einige Beispiele sollen den schon lange andauernden Trend
verdeutlichen:
Heute
ist die Mehrwertsteuer - welche letztendlich wir als Bürger bezahlen
- bei 19%. Vor 10 Jahren lag der Satz bei 14%. Der Liter Benzin
kostet aktuell 1,50€. 1990 lag der Preis bei 0,55€ (1,10 DM).
Wesentlicher Preistreiber ist die Mineralölsteuer. Die Beiträge zur
Renten- und Krankenversicherungen steigen nahezu jährlich, die
Pflegeversicherung ist vor einigen Jahren als zusätzliche
Pflichtversicherung neu hinzugekommen. Selbst so nebensächliche
Steuern wie Versicherungssteuer zeigen eine Entwicklung von 7% in
1989 bis zu heute 19%. Aktuell wird die Grunderwerbsteuer in einigen
Bundesländern kräftig angehoben. Unsere Eltern bekamen früher
Staatszuschüsse (Eigenheimzulage), wenn sie ein Haus bauten. Das
Bafög musste man nicht zurückzahlen. Beides wurde gestrichen. Man
könnte die Liste der Steuererhöhungen und der Streichung von
Sozialleistungen beliebig fortsetzen.
Die
Handlungsspielräume des Staates sind zunehmen begrenzt, weil seine
finanzielle Ausstattung beschränkt ist. Der Ausweg über steigende
Verschuldung ist nicht mehr möglich, weil die Verschuldung der
Kommunen, Länder und des Bundes bereits sehr hoch ist. Leider haben
die bisherigen Generationen auf unsere Kosten gelebt und zu unseren
Lasten Schulden gemacht. Jetzt soll nach einem Vorschlag der
Wirtschaftsministerin Bayerns auch noch die Energiewende auf Kredit
finanziert werden.
Fazit:
Wir jungen Bürger müssen uns um unsere Existenz selbst kümmern und
können nicht auf Staatsunterstützung hoffen. Dies gilt nicht nur
für 2014, sondern für unser gesamtes Leben.
Arabellion
Wir
müssen uns darauf einstellen dass die „Arabellion" noch lange
eine „Rebellion“ sein wird. Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis
stabile Demokratien etabliert sind. Der Grund ist einfach: Diese
Länder sind noch nicht demokratiefähig. Das ist keine Kritik an den
Bürgern. Auch wir in Deutschland haben in unseren demokratischen
Anfängen zur Zeit der Weimarer Republik nicht geglänzt… Das
Beispiel soll dies verdeutlichen. Die Ägypter haben nach dem Sturz
des Präsidenten mit großer Mehrheit die Muslimbrüder gewählt. Die
Ursache war, dass die Ägypter die anderen Parteien nicht einschätzen
konnten, weil sie neu und fremd waren. Die Muslimbrüder waren eine
bekannte Größe. Und die sind religiös. Religion ist ebenfalls eine
bekannte und vertraute Größe. Fazit: Erst müssen sich
demokratische Strukturen und ein demokratisches Verständnis
ausprägen, bevor wir in diesen Ländern Stabilität sehen werden.
USA
Wir
müssen akzeptieren, dass sich die USA auch weiterhin in ihrer Außen-
und Sicherheitspolitik nicht sonderlich um die Befindlichkeiten der
Europäer geschweige denn der Deutschen kümmern werden. Der
NSA-Skandal hat dies wieder gezeigt. Das Verhalten der USA ist
losgelöst von der Frage, ob ein Republikaner oder ein Demokrat
Präsident ist. Die verbale Verpackung des außenpolitischen Willens
ist durch Obama eine andere als bei Bush, aber der Inhalt ist der
gleiche. Friedensnobelpreis hin oder her.
Was
ist Eure Meinung dazu?
Du hast Herrn Opaschowski sehr schön aufgegriffen!
AntwortenLöschenGrößtenteils würde ich dir zustimmen. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dass die EU mit viel Glück vielleicht irgendwann lernen wird, mit der Vielfalt in der Einheit umzugehen und davon zu profitieren - oder eine gemeinsame Mentalität zu finden.
Bei deinen Zahlenbeipielen muss man bedenken, dass früher auch der Lohn geringer war - nichtsdestotrotz muss man sich zukünftig weniger auf den Staat verlassen, zumindest finanziell.
Die kulturelle Betrachtung der EU ist interessant. Natürlich gibt es da Unterschiede, die z.T. auch für wirtschaftliche Gegebenheiten verantwortlich sein mögen. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass solche sog. "warmen" Kulturen auch jede Menge positive Seiten haben, wenn nicht im wirtschaftlichen Bereich, dann im Sozialen.
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