Im letzen Monat haben wir unsere Leser gefragt, welcher Text ihnen 2013 am besten gefallen hat. Mit 28% der Stimmen ist dieser dabei als Sieger herausgekommen - oder besser gesagt, diese: die Hans-Litten Pentalogie. Hier veröffentlichen wir den 1. Teil der Serie erneut.
Hans Litten und das deutsche Trauma:
eine Einführung
Kaum einer kennt wohl den größten Helden der Neusten Justizgeschichte, der Adolf Hitler selbst auf die Gerichtsbank holte. Noch spannender als sein Leben ist die Frage, weshalb er vergessen ist. Der erste Teil der Pentalogie führt in die Geschichte ein.
Als der von Krankheit
gezeichnete, römische Kaiser Vespasian seinen Tod und die darauf folgende
Divinisierung vorhersah, soll er gesagt haben: „Vae, puto deus fio!“ (Sueton, Vespasian 23) – Wehe, ich glaube, ich
werde ein Gott. Im Hinblick auf das Aufsehen, das sein Schicksal in England
erregte, aber auch auf die Verehrung als Volksheld der DDR hätte Hans Litten
dies wohl ebenfalls sagen können, als er sich nach 5 Jahren Folter in
verschiedenen KZs am 5. Februar 1938
in Dachau das Leben nahm.
Dennoch ist dies mit
Einschränkungen zu sehen, denn während in der DDR jedes Schulkind den
proletarischen Anwalt kannte, ließen sich in der Bundesrepublik bis zur Wende
kaum Werke über ihn finden. Einzig bekannt waren das Buch seiner Mutter,
Irmgard Litten, die ihren Kampf um die Freilassung ihres Sohnes schildert, sowie
das Buch seines Jugendfreundes Max Fürst, welches ihre gemeinsame Kindheit in
Königsberg beschreibt. Die mangelnde Rezeption Littens ging sogar so weit, dass
man, als 1988 bei einer Veranstaltung über Litten in seinem Todesort Dachau ein
Referent gesucht wurde, niemand anderen fand als einen DDR-Historiker.
Hans Litten galt als
proletarischer Anwalt der Weimarer Republik, was nicht heißt, dass er aus einer
Arbeiterfamilie stammte, sondern dass er sich für die Arbeiter einsetzte. Kaum
ein Proletariersohn konnt sich ein Studium der Rechtswissenschaften leisten,
vielmehr waren es Menschen, die sich von den Paradigmen ihrer Klasse lösten und
sich für die weniger begüterten Zeitgenossen einsetzten. Zwar hatte es von
dieser Gattung einige Exemplare gegeben, doch die meisten sind mittlerweile
vollständig vergessen. Dies liegt einerseits daran, dass viele andere Juristen
der damaligen Zeit im Dritten Reich zu Kollaborateuren wurden und alle Spuren
der Anhänger gegensätzlicher Ideologien auslöschten, d. h. den
antifaschistischen Widerstand aus ihren Akten entfernten. Andererseits besaß
das juristische Milieu lange Zeit ein gewisses Traditionsbewusstsein, welches
eine Identifizierung mit der gutbürgerlichen Klasse, ihrem Verhalten und ihrem
Denken verlangte. Hans Litten war dazu jedoch ein Gegenmodell, welches eine
vollständige Negierung darstellte.
Doch während Letzteres
keinesfalls ausreicht, um einen Menschen aus der Geschichte zu entfernen, wird
Ersteres aus einer Vielzahl von Gründen widerlegt. Genauso wie bei seinen
Leidensgenossen Karl Liebknecht, Kurt Rosenfeld, Felix Halle, Rolf Helm, Franz
und Hilde Neumann sind zwar viele Dokumente über den proletarischen Anwalt
verschwunden, dennoch erlangten sie alle eine außerordentliche Berühmtheit in
der DDR. Demzufolge muss noch genügend Material zur Verfügung stehen, um sich
ein Bild des Lebens dieser Ikonen machen zu können. Gerade bei Hans Litten ist
dies offensichtlich, denn bereits
während des Krieges hatte seine Mutter Irmgard Litten ein Buch über die grausamen
Aufenthalte in verschiedenen Konzentrationslagern ihres Sohnes und ihre erfolglosen
Versuche, ihn zu befreien, unter dem Titel „Eine Mutter kämpft gegen Hitler"
veröffentlicht. Es erschien in England, Frankreich, den Vereinigten Staaten, Mexiko
und sogar China. Nach dem Krieg, schon im Jahre 1947, brachte es der Greifenverlag
heraus, und 1984 gab es vom Röderberg-Verlag in Frankfurt eine Neuauflage. Eine
weitere Quelle bieten die Lebenserinnerungen von Max Fürst aus dem Jahre 1973. Aber
wohingegen in der DDR einige Biographien, wenn auch teilweise mit
sozialistischer Propaganda, erschienen, so sollten sich in Westdeutschland erst
nach der Wende Werke von besserer Qualität finden.
Um den Grund hierfür zu
finden, ist es notwendig, tiefer in das Leben Hans Littens einzudringen, was in einem kleinen Exkurs geschehen soll.
Die Hans-Litten Pentalogie:
1. Ein Einführung
2. Ein Leben für die Gerechtigkeit
3. Schamhaftes Schweigen in der BRD
4. Littenkult in der DDR
5. Auferstanden aus Ruinen
1. Ein Einführung
2. Ein Leben für die Gerechtigkeit
3. Schamhaftes Schweigen in der BRD
4. Littenkult in der DDR
5. Auferstanden aus Ruinen
Vielen Dank an alle, die für mich gestimmt haben (und natürlich auch an alle, die ganz allgemein mitgestimmt haben)!
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