Niklas Götz
Die für beendet erklärte Spähaffäre flammt auf wie nie zuvor: Nach Angaben des Spiegels wurde das Kanzlerinnenhandy höchstpersönlich abgehört. Die scharfe Reaktion der Regierung, ein Telefonat mit Obama und das Einbestellen des US-Botschafters zeigen die prekäre Situation. Wie soll man weiter mit den USA umgehen?
Bei den neusten Enthüllungen, die auf noch deutlich weniger Beweismaterial beruhen als die Erkenntnise im August, nahm sich die Kanzlerin der Sache selbst an.
Denn obwohl immer noch der Kanzleramtsminister die Sicherheit der Kanzlerin sicherstellen muss, hat Merkel erhalten von Hinweisen des "Spiegels", welche eine Abhörung des Handys von Merkel nahelegen, bei Obama selbst angerufen und Aufklärung gefordert.[2]
Dieser beteuerte seine Unschuld und versicherte, dass keine Überwacheung stattfinde oder wird. Gleiches bestätigte kurz darauf ein Sprecher des Weißen Hauses, als Journalisten ihn dazu befragten. Dies klingt jedoch unrealistisch, denn es muss schlagkräftige Beweise geben, wenn die sonst so besonnene Kanzlerin so scharf reagiert. Regierungssprecher Seibert findet dazu solch klare Worte: "Dies wäre ein gravierender Vertrauensbruch. Solche Praktiken müssten unverzüglich unterbunden werden."[3]
Darüber hinaus gab der Sprecher des Weißen Hauses nur zu, dass im Moment und in der Zukunft nicht überwacht wird; die Vergangeheit kommentierte er nicht.ie Dimension der Überwachungsaffäre erscheint in ganz neuem Licht, betrachtet man die Wortwahl des Verteidigunsministers. Er ginge zwar schon immer davon aus, dass sein Handy abgehört werde, aber nicht von den Amerikanern[4]
Außerdem ist Deutschland ja nicht das einzige angebliche Opfer von Überwachungen. So sei der E-Mail-Account des ehemaligen mexikanischen Präsidenten überwacht worden. Auch viele andere Länder und Regierunschefs sind erbost. Immer mehr Eskapaden, die an Komplettüberwachung grenzende Verwanzung von Institutionen der EU eingeschlossen, kommen ans Licht. Das EU-Parlament fordert nun auch das Aussetzen des SWIFT-Abkommens, das als Konsequenz aus dem 11. September die Überwachung europäischer Kontoaktivitäten unter Auflagen ermöglicht und vermutliche ebenfalls missbraucht wurde.
Pofalla steht, wie oben angedeutet, natürlich auch unter Beschuss. Auch wenn man ihm allerelei negatives unterstellen könnte und auch kann, muss man die positiven Konsequenzen seines Handelns bedenken. Auch wenn er, trotz anderslautender Informationen, eine Überwachung ausschloss (eine Überwachung der Kanzlerin ebenso) und damit die Aufklärung behinderte, war das vor den Wahlen im Sinne eines faktenbasierten Wahlkampfes notwendig. Ansonsten hätte die NSA-Affäre eine Auseinandersetzung mit wichtigen, die Parteien auch unterscheideneden Themen unmöglich gemacht. Diese Affäre hat nichts mit Parteiprogrammen zu tun.
Auch das Verhalten der Regierung, welches den Anschein hat, als ob die Überwachung der Kanzlerin mehr wiegt als das Ausspähen von Millionen, ist ein Kritikpunkt. Jedoch geht es hier um andere Dimensionen, denn Bürger können Terroristen sein, was den Einsatz solcher Mittel zumindest theoretisch legitimiert. Von der Kanzlerin ist dies jedoch nicht zu erwarten.
Letztendlich muss man auch zugestehen, dass die Affäre nicht die alleinige Schuld der scheideden Regierung ist; schließlich haben zahlreiche Behörden versagt, die dies verhindern sollten, ebenso gibt es eine viel zu große Naivität den USA gegenüber - und dies fraktionenübergreifend.
Wie sollte Deutschland nun reagieren?
Die ständigen Bekundungen, nun verstärkt zusammenzuarbeiten und immer noch "beste Freunde" zu sein, sind ein Fehler. Die USA haben sich als Konsequenz aus der imperialistischen Politik G.W. Bushs zu einer "Weltpolizei" entwickelt, die den Respekt vor ihren Bündnispartnern verloren hat und es sich zur Aufgabe gemacht hat, sie abzulauschen.
Was würden Sie mit einem Freund machen, der sie heimlich belauscht, ihr Handy abhört und dies auch noch als Sicherheitspolitik bezeichnet?
Ich würde ihm vielleicht nicht den Krieg erklären, aber dennoch erst einmal Respekt beibringen.
Die USA müssen lernen, dass nur die stärkste westliche Industrienation zu sein es ihnen noch nicht erlaubt, sich über Recht und Gesetz hinwegzusetzen. Wenn wir Russland aus gutem Grund verurteilen, die Büros von Stiftungen zu durchsuchen, dann müssen wir genauso kritisch mit den USA umgehen, auch wenn sie unser Verbündeter sind.
Das Fehlverhalten der Amerikaner nimmt - egal unter welchen Präsidenten - unglaubliche Ausmaße an. Sie überfallen Länder unter falschem Vorwand, führen Militäroperationen auf fremden Staatsgebiet ohne Erlaubnis aus, überwachen weltweit Verbündete außerhalb ihrer Befugnis und riskieren den Zusammenbruch der Weltwirtschaft.
Dies muss ein Ende haben. Die Aussetzung des SWIFT-Abkommens ist ein Weg in die richtige Richtung. Natürlich sind wir weiter Verbündete. Aber die USA müssen Respekt lernen. Wir sollten nicht leichtgläubig ihren Entschuldigungen annehmen und klare Grenzen setzten. Dazu gehört es auch, einige ihrer Wünsche, wie die Freihandelszone, solange abzulehen, bis wir sicher sein können, dass unsere Grundrechte und Souveränität anerkannt und geschützt werden. Jedoch nicht nur auf dem Papier.
Und vielleicht stimmt auch in diesem Zusammenhang, wenn Merkel gerade über ihr Handy ein Strategiegespräch über die NSA-Affäre führt, das alte Sprichwort: "Der Lauscher an der Wand hört seine eigne Schand.".
Die für beendet erklärte Spähaffäre flammt auf wie nie zuvor: Nach Angaben des Spiegels wurde das Kanzlerinnenhandy höchstpersönlich abgehört. Die scharfe Reaktion der Regierung, ein Telefonat mit Obama und das Einbestellen des US-Botschafters zeigen die prekäre Situation. Wie soll man weiter mit den USA umgehen?
"Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch. Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung, wie immer wieder fälschlich behauptet wird."[1]So der Kanzleramtsminister Pofaller im August, in dessen Zuständigkeitsbereich die Affäre fällt. Ein "No-Spy-Abkommen" sollte in Zukunft für weitere Sicherheit sorgen. Seiner Meinung nach wurden wir nicht überwacht. Die Erklärungen der USA seien völlig ausreichend gewesen, ein weiteres Nachhaken nicht notwendig.
Bei den neusten Enthüllungen, die auf noch deutlich weniger Beweismaterial beruhen als die Erkenntnise im August, nahm sich die Kanzlerin der Sache selbst an.
Denn obwohl immer noch der Kanzleramtsminister die Sicherheit der Kanzlerin sicherstellen muss, hat Merkel erhalten von Hinweisen des "Spiegels", welche eine Abhörung des Handys von Merkel nahelegen, bei Obama selbst angerufen und Aufklärung gefordert.[2]
Dieser beteuerte seine Unschuld und versicherte, dass keine Überwacheung stattfinde oder wird. Gleiches bestätigte kurz darauf ein Sprecher des Weißen Hauses, als Journalisten ihn dazu befragten. Dies klingt jedoch unrealistisch, denn es muss schlagkräftige Beweise geben, wenn die sonst so besonnene Kanzlerin so scharf reagiert. Regierungssprecher Seibert findet dazu solch klare Worte: "Dies wäre ein gravierender Vertrauensbruch. Solche Praktiken müssten unverzüglich unterbunden werden."[3]
Darüber hinaus gab der Sprecher des Weißen Hauses nur zu, dass im Moment und in der Zukunft nicht überwacht wird; die Vergangeheit kommentierte er nicht.ie Dimension der Überwachungsaffäre erscheint in ganz neuem Licht, betrachtet man die Wortwahl des Verteidigunsministers. Er ginge zwar schon immer davon aus, dass sein Handy abgehört werde, aber nicht von den Amerikanern[4]
Außerdem ist Deutschland ja nicht das einzige angebliche Opfer von Überwachungen. So sei der E-Mail-Account des ehemaligen mexikanischen Präsidenten überwacht worden. Auch viele andere Länder und Regierunschefs sind erbost. Immer mehr Eskapaden, die an Komplettüberwachung grenzende Verwanzung von Institutionen der EU eingeschlossen, kommen ans Licht. Das EU-Parlament fordert nun auch das Aussetzen des SWIFT-Abkommens, das als Konsequenz aus dem 11. September die Überwachung europäischer Kontoaktivitäten unter Auflagen ermöglicht und vermutliche ebenfalls missbraucht wurde.
Pofalla steht, wie oben angedeutet, natürlich auch unter Beschuss. Auch wenn man ihm allerelei negatives unterstellen könnte und auch kann, muss man die positiven Konsequenzen seines Handelns bedenken. Auch wenn er, trotz anderslautender Informationen, eine Überwachung ausschloss (eine Überwachung der Kanzlerin ebenso) und damit die Aufklärung behinderte, war das vor den Wahlen im Sinne eines faktenbasierten Wahlkampfes notwendig. Ansonsten hätte die NSA-Affäre eine Auseinandersetzung mit wichtigen, die Parteien auch unterscheideneden Themen unmöglich gemacht. Diese Affäre hat nichts mit Parteiprogrammen zu tun.
Auch das Verhalten der Regierung, welches den Anschein hat, als ob die Überwachung der Kanzlerin mehr wiegt als das Ausspähen von Millionen, ist ein Kritikpunkt. Jedoch geht es hier um andere Dimensionen, denn Bürger können Terroristen sein, was den Einsatz solcher Mittel zumindest theoretisch legitimiert. Von der Kanzlerin ist dies jedoch nicht zu erwarten.
Letztendlich muss man auch zugestehen, dass die Affäre nicht die alleinige Schuld der scheideden Regierung ist; schließlich haben zahlreiche Behörden versagt, die dies verhindern sollten, ebenso gibt es eine viel zu große Naivität den USA gegenüber - und dies fraktionenübergreifend.
Wie sollte Deutschland nun reagieren?
Die ständigen Bekundungen, nun verstärkt zusammenzuarbeiten und immer noch "beste Freunde" zu sein, sind ein Fehler. Die USA haben sich als Konsequenz aus der imperialistischen Politik G.W. Bushs zu einer "Weltpolizei" entwickelt, die den Respekt vor ihren Bündnispartnern verloren hat und es sich zur Aufgabe gemacht hat, sie abzulauschen.
Was würden Sie mit einem Freund machen, der sie heimlich belauscht, ihr Handy abhört und dies auch noch als Sicherheitspolitik bezeichnet?
Ich würde ihm vielleicht nicht den Krieg erklären, aber dennoch erst einmal Respekt beibringen.
Die USA müssen lernen, dass nur die stärkste westliche Industrienation zu sein es ihnen noch nicht erlaubt, sich über Recht und Gesetz hinwegzusetzen. Wenn wir Russland aus gutem Grund verurteilen, die Büros von Stiftungen zu durchsuchen, dann müssen wir genauso kritisch mit den USA umgehen, auch wenn sie unser Verbündeter sind.
Das Fehlverhalten der Amerikaner nimmt - egal unter welchen Präsidenten - unglaubliche Ausmaße an. Sie überfallen Länder unter falschem Vorwand, führen Militäroperationen auf fremden Staatsgebiet ohne Erlaubnis aus, überwachen weltweit Verbündete außerhalb ihrer Befugnis und riskieren den Zusammenbruch der Weltwirtschaft.
Dies muss ein Ende haben. Die Aussetzung des SWIFT-Abkommens ist ein Weg in die richtige Richtung. Natürlich sind wir weiter Verbündete. Aber die USA müssen Respekt lernen. Wir sollten nicht leichtgläubig ihren Entschuldigungen annehmen und klare Grenzen setzten. Dazu gehört es auch, einige ihrer Wünsche, wie die Freihandelszone, solange abzulehen, bis wir sicher sein können, dass unsere Grundrechte und Souveränität anerkannt und geschützt werden. Jedoch nicht nur auf dem Papier.
Und vielleicht stimmt auch in diesem Zusammenhang, wenn Merkel gerade über ihr Handy ein Strategiegespräch über die NSA-Affäre führt, das alte Sprichwort: "Der Lauscher an der Wand hört seine eigne Schand.".
- [1] http://www.tagesschau.de/inland/nsa-affaere116.html …
- [2] http://www.tagesschau.de/inland/nsa254.html
- [3] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2013/10/2013-10-23-merkel-handyueberwachung.html
- [4] http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1346450.html
der NSA hört ja nicht nur Bürger in Europa oder Südamerika ab, sondern auch Amerikaner selbst. Und hier erstaunt mich, dass die US-Bürger so relaxed sind. Wenn man bedenkt, dass den Amerikaner Freiheit sehr wichtig ist und jegliche staatliche Reglementierung agelehnt wird. Die Regierung in Washington ist vielen Amerikanern ein Feindbild.
AntwortenLöschenDennoch akzeptieren sie die immer weiter ausufernde Überwachung.
Warum ? Ist es die Terrorismus-Paranoia?
Ich würde sagen, es ist eine Mischung aus Mentalität, Gewohnheit, größeren Sorgen und Faulheit.
AntwortenLöschenMentalität: In den USA nimmt man es mit Privatsphere nicht so genau
Gewohnheit: Man lebt schon länger mit dem Patriot Act
größere Sorgen: z.B. den Gouvernment Shutdown
Faulheit: nicht negativ gemeint, aber der Wohlstand führt in allen entwickelten Länder zur Selbstzufriedenheit