Donnerstag, 20. März 2014


Julian Reith
Wettbewerbsbeitrag - Jugend denkt Europa



Griechenland 2012: Menschen versammeln sich in Massen auf der Straße. Pappfiguren Angela Merkels zeigen den Hitlergruß mit einer Hakenkreuzbinde am Oberarm. Junge Leute verbrennen deutsche Flaggen.

 

Brüssel 2013: Es herrscht eine beunruhigende Uneinigkeit an der Spitze der europäischen Union über ein mögliches Eingreifen in die syrische Bürgerkriegsentwicklung. Experten warnen vor einer dauerhaften Handlungsunfähigkeit durch mangelnde geschlossene Einstellungen, insbesondere zu internationalen Konflikten, wie der Uneinigkeit über die Syrienkrise.

Ukraine 2014: Wochenlange blutige Auseinandersetzungen auf den Straßen der Ukraine geben Anlass zu Sondersitzungen des EU-Ministerrats der Außenminister. Von einer geschlossenen und entschlossenen Einstellung ist man momentan weit entfernt, was natürlich auch keine Selbstverständlichkeit ist. Aber legitim ist es in jedem Fall, die Frage zu stellen, ob den verantwortungstragenden EU-Politikern der Ernst der Lage bewusst ist. Es ist in Ausnahmesituationen notwendig, eigene Interessen hinten anzustellen, gerade wenn es um Menschenleben geht.

Erste Assoziationen, die einem bei solchen Meldungen in den Sinn kommen, sind wohl kaum „Harmonie“, „Freundschaft“ und „besonderer europäischer Zusammenhalt“. Kein Wunder, bei den aktuellen Konflikten zwischen Politikern, aber auch den Bevölkerungen verschiedener europäischer Länder. Ohne eine Wertung über die verschiedenen Meinungen und Herangehensweisen abzugeben, ist es doch, von außen betrachtet, offensichtlich, dass hier nicht jeder am gleichen Strang zieht.

Gerade bei Jugendlichen scheint auch die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland wie ein außergewöhnlicher Trend. Unter solchen Umständen klingt es doch schon paradox, die so oft verwendeten Phrasen wie „das geeinte Europa“ oder „die europäische Jugend“ auch nur auszusprechen. Eine ernstzunehmende Fragestellung in diesem Zusammenhang ist die, ob diese sogenannte „europäische Jugend“ fähig ist, die zukünftigen Probleme der EU-Politik angemessen zu lösen. Und diese Probleme wird es geben, schauen wir nur nach Griechenland, oder die Ukraine.

Umfragen belegen, dass nachkommende Generationen immer weniger Interesse an europäischer Politik haben. Schon jetzt haben drei Viertel der jugendlichen Deutschen eine gleichgültige oder sogar ablehnende Haltung gegenüber der EU. Dabei ist ein Mindestmaß an Engagement und Interesse essentiell für das Zustandekommen einer effektiven Europapolitik.

Die EU ist ein Bestandteil des Lehrplans in Sozialkunde in der bayerischen gymnasialen Oberstufe, doch musste ich persönlich erfahren, dass dies nicht dem Interesse an der Materie beiträgt, im Gegenteil. Wenn ein Schüler durch Notendruck unter einem Zwang steht, sich mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen, schreckt das in der Regel mehr ab, als dass es Interesse schafft. Im Allgemeinen sind Maßnahmen, hinter denen ein Zwang steht, abschreckend und nicht interesseschaffend. Sinnvoller ist es, Begeisterung bei Jugendlichen zu wecken, durch attraktive freiwillige Aktionen, die die Interessen jugendlicher Menschen mit einem politischen Zweck verknüpfen. Beispielsweise könnte man Reisen für Jugendliche in europäische Hauptstädte oder europäische Einrichtungen, wie das Parlament, organisieren, bei denen jeder auf seine Kosten kommt und Jugendliche an die Politik herangeführt werden. Sehr wichtig ist auch, Jugendlichen die Relevanz der Politik in ihrem Leben zu verdeutlichen, sonst werden sie sich nicht dafür interessieren. Doch da stehen auch die Parteien in der Verantwortung.

Für viele junge Menschen scheint die europäische Union – nicht zuletzt durch die Medien – wie ein konfliktbeladenes Wrack voller Probleme. Das ist auch nicht anders zu erwarten, wenn man jeden Tag nebenbei im Radio von dieser oder jener Europakrise hört.

Das schreckt ab!

Welcher normale Mensch würde auf eine Zeitungsanzeige reagieren, die wie folgt lautet:

„Mittelständisches Unternehmen sucht Manager – befinden uns in einem Schuldenloch – Mitarbeiter sind demotiviert – bitte melden [...]“?

Schätzungsweise die Wenigsten. Kurzum: Es sollte nicht so aussehen, als ob die EU den kommenden Generationen Berge von Problemen hinterlässt, sondern die Vorteile und Erfolge der EU sollten in den Medien ein deutlich höheres Gewicht bekommen. Andernfalls ist eine starke Distanzierung junger Menschen von der EU vorprogrammiert.

Apropos vorprogrammiert: Dass der Euro auf eine Krise zusteuert – Stichwort Griechenland – war schon längere Zeit vorhersehbar, wie auch Bundespräsident Joachim Gauck in einer Rede 2013 anklingen ließ. Er verwendete das aussagekräftige Wort „Konstruktionsfehler“, wobei wir am nächsten Punkt angelangt sind. Politiker der EU müssen ihre Fehler reduzieren. Zu viele fragwürdige Entscheidungen wurden getroffen, welche sich hinterher als eindeutig falsch herausgestellt haben. An Fehlentscheidungen haben Politiker der EU gemeinsam auf mittelfristige Sicht viel zu knabbern, was der notdürftig eingerichtete Euro-Rettungsmechanismus (ESM) zeigt. Dieser Aspekt – Fehlentscheidungen – ist sehr wichtig zu erwähnen, obwohl es schwer ist einen allgemeinen Lösungsvorschlag dafür zu äußern, zumal Fehler, die schon begangen wurden, nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Trotzdem mag das ein Grund sein, warum Jugendliche eine ablehnende Haltung gegenüber der EU haben.

Letztenendes bleibt noch der schon angeklungene Aspekt der schwierigen Vereinbarkeit der Jugendlichen aus verschiedenen europäischen Nationen. Jochen Bittner, ein Journalist der ZEIT, bezeichnet dieses Problem treffend mit dem Begriff der „Zwangsharmonisierung“. Das beinhaltet zum Beispiel die schwierige Vereinbarkeit der verschiedenen kulturellen Unterschiede zwischen europäischen Nationen. Großstädte mit „Multi-Kulti“-Bevölkerung teilen sich in ghettoähnliche Stadtteile, die Menschen versuchen einander zu meiden. Das klingt stark generalisierend, ist jedoch als allgemeine Tendenz nicht zu leugnen. Die unter anderem von Winston Churchill geforderten „United States of Europe“ sind also kurz- und mittelfristig gesehen schlicht und ergreifend nicht sinnvoll und würden eine noch größere Uneinigkeit in der jetzt schon spannungsgeladenen europäischen Bevölkerung auslösen. Zunächst sollte die Stabilität der EU gründlich aufpoliert werden, das Ziel eines Bundesstaats währenddessen in die Ferne gerückt werden, welcher ohne eine geeinte Bevölkerung nicht möglich ist.

Es kommt also Einiges auf die „europäische Jugend“ zu, es liegt jedoch auch in den Händen der aktuellen Politiker, der Medien und der Parteien, Engagement bei Jugendlichen hervorzurufen und sie für die Zukunft der europäischen Politik zu motivieren, stark zu machen und zu vereinen.

„Europa ist ein einzigartiger Motor mit 27 Zylindern. Wenn die alle im Takt laufen, dann sind die wahnsinnig stark und mächtig“ - Jochen Bittner, Journalist der „ZEIT“.

Doch das „Wenn“ ist entscheindend.


5 Kommentare:

  1. Die Jugend motivieren - ein wichtiges Ziel. Vielleicht können wir bei CATO da ja ein bisschen helfen ;-)

    Wobei ich die momentanen Zustände nicht ganz so schwarz malen würde. Viel wird schon getan, um Jugendlichen Europa persönlich näher zu bringen, z.B. mit Austauschprogrammen o.ä, und ich denke, dass diese Maßnahmen schon einen gewissen Erfolg zeigen.

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  2. Ein würdiger erster Beitrag zum Wettbewerb!

    Viele Probleme, die wir auf Ebene der EU haben, gibt es auch bei uns auf Bundesebene - nur scheinen sie auf Bundesebene weniger gravierend. Was bei uns Föderalismus ist, ist auf Ebene der EU die Uneinigkeit der Regierungschefs.

    Wie überwinden wir das Problem des Föderalismus? Indem wir einsehen, dass wir eine Nation sind, bei allen Unterschieden doch ein Volk. Um die Probleme der EU zu überwinden, müssen wir einsehen, dass wir eine europäische Nation sind.
    Dieses "Wir"-Gefühl zu erzeugen, sollte eines der primären Ziele der Institutionen der EU sein, wenn die Integration der EU fortgesetzt werden soll.

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  3. Zunächst will ich nichts schwärzer malen, als es ist, das schonmal vorweg.
    Aber die genannten Beispiele sind Tatsachen und nicht die einzigen Beispiele dieser Art.
    Auf der anderen Seite stimme ich dir zu, dass es Unternehmungen gibt, die mit Erfolg Interesse an Politik und einem europäischen Gemeinschaftsziel schaffen. Dazu zähle ich - wenn ich die Anzahl der Seitenaufrufe eurer Seite betrachte - das CATOteam und den Blog. Dafür meine Anerkennung!
    Wichtig ist, dass das Volk entscheidet, denn die Demokratie sollte das höchste Gut sein, das bewahrt werden muss.
    Und deshalb ist Interesse im Volk die erste Hürde, die genommen werden muss.

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    1. "Wichtig ist, dass das Volk entscheidet, denn die Demokratie sollte das höchste Gut sein, das bewahrt werden muss.
      Und deshalb ist Interesse im Volk die erste Hürde, die genommen werden muss."

      Der Satz ist druckreif, den sollte man glatt in einem anderen Text zitieren ;-)

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