Niklas Götz
Monatsthema 12/14
Deutsche haben Angst, oft, gerne und viel, so das Klischee. Beliebt war natürlich immer die Inflation, Russland, Chlorhühnchen, Schweingrippe etc.. Die Ängste der Bürger muss man natürlich ernst nehmen, heißt es immer, und manchmal ist das auch wahr. Es gibt aber Fälle, in denen es uns in Teufels Küche bringt.
Pegida...als ich den Namen zum ersten Mal hörte, kamen sofort Assoziationen wie "Hogesa" auf oder sonstige fragwürdige Gruppierungen. Dass sich daraus ein solches Massenphänomen entwickelt, war damals höchstens zu befürchten. Mittlerweile ist Pegida zwar immer noch lokal begrenzt, aber dennoch ein Thema, welches ganz Deutschland bewegt.
Das liegt allein schon daran, dass niemand genau weiß, was Pegida ist, woher es kommt und was es will, und erst recht nicht, wie man damit umgehen sollte. Pegida ist keine feste Gruppierung wie wir es von der NPD, den Republikanern und ähnlichem kennen. Es ist ein Sammelbecken für ganz verschiedene Personengruppen. Das macht es auch so widersprüchlich.
Glaubt man dem 19-Punkte-Positionspapier, so will die Initiative primär radikalreligiöse Organisationen einschränken, fordert also mehr Einsatz gegen terroristischen Islamismus, aber auch schärfere Umsetzung des Asylrechts, v.a. Ausweisung von straffälligen Asylbewerbern. Dem gegenüber stehen aber auch Forderungen wie bessere Betreuungsqualität in Asylbewerberheimen und verstärkter Einsatz für Integration - die Forderungen könnten auch von der CSU sein.
Demokratisch, aufgeschlossen, bürgernah und eben nicht rechtsradikal, so wollen die Organisatoren gesehen werden. Außer dem mehrfach vorbestraften Initiator und einem ausländerfeindlichen Ex-CDUler ist von den 12 Personen nur wenig bekannt, außer, dass sie alle treu dem Grundgesetz verpflichtet sein sollen. Und, was den Beobachter dann doch sehr überrascht, auch teilweise zum Islam gehören.
Man sage, was die Leute denken, man wäre die Stimme der Angst der Bevölkerung, der Angst vor Überfremdung und Islamismus, so möchte man gesehen werden. In meinen Augen stellt sich jedoch die Frage, ob diese Angst wirklich existiert.
Gibt es wirklich eine Asylflut, eine Terrorgefahr und Überfremdung in Deutschland? Ist dies die Quelle der Pegidaproteste? Natürlich nimmt die Anzahl an Asylbewerbern zu, die Behörden sind überlastet. Aber von einer Asylflut kann keine Rede sein. Ein Großteil der Bevölkerung kommt nicht in Kontakt mit Asylbewerbern, viel eher jedoch mit der ständigen Berichterstattung über neue Asylbewerberheime. Gerade diese Berichterstattung bezieht sich jedoch nicht auf Probleme, die durch diese neuen Flüchtlinge entstehen, sondern ehrer auf die Ressentiments der Anwohner, die nach dem Sankt-Floriansprinzip mit dem Leid der Welt nichts zu tun haben wollen.
Auch die Terrorgefahr wird gerne überschätzt, zumindest die durch islamistischen Terror. Natürlich gibt es Extremisten in Deutschland, die auch zu Terroranschlägen fähig werden. Aber wenn wir die vergangenen Jahre betrachten, so sehen wir, dass die deutschen Behörden fähig sind, mit islamistischem Terror umzugehen. Woran sie allerdings scheitern ist der Umgang mit nationalsozialistischem Terror. Der fängt bei zahlreichen brennenden Asylbewerberheimen an und endet beim NSU. Vor diesem Terror müssen wir uns schützen. Der Unterschied für Pegida-Demonstranten ist aber: Islamistischer Terror kann sie treffen. Naziterror betrifft aber eher in seltenen Fällen Deutsche.
Droht in Deutschland Überfremdung? Eine Frage, die kaum zu beantworten ist, denn Überfremdung ist ein subjektiver Begriff. Für mich ist ein gewisser Ausländeranteil in der Bevölkerung keine Bedrohung, sondern eher ein Zeichen von Moderne und positiver wirtschaftlicher Entwicklung einer Region. Für andere sind bereits wenige Ausländer ein Grund für Echauffieren. Fakt ist aber, dass die Pegida-Proteste gerade in Regionen Deutschlands stattfinden, in der nur wenige Ausländer leben. Das ist zwar kein zwingender Grund dafür, dass nicht wirklich Angst vor Überfremdung vorherrscht, aber es lässt es trotzdem zweifelhaft erscheinen. Immerhin gibt es in Sachsen weniger Ausländer als FDP-Wähler.
Ich denke, die Pegida-Initiative hat einen anderen Ursprung. Einseitige Medienberichterstattung führt zu einer grundsätzlich besorgten Einstellung in der Bevölkerung. Gerade diese konnte von Rechtsextremen ausgenutzt werden. Die deutsche Angst ist meistens nicht auf die Realität, sondern auf Schreckensbilder bezogen. Und die kann jeder produzieren. Ähnlich wie die AfD braucht es nur die Kombination von rechtsextremen Positionen, aber einem bürgerlichen Anschein nach außen, um die Massen zu mobilisieren. Hat man einmal die Menschen davon überzeugt, dass die Organisatoren nicht rechtsextrem sind, kann man in aller Ruhe Hemmungen abbauen. Dazu dienen auch zwielichtige Begriffe wie "Patriotismus" oder "Europäer". Meint man hier grunsätzliche Affinität zur Heimat und Übereinstimmung mit westlichen Werten, oder geht es hier um Nationalismus und Rassismus? Die Vielschichtigkeit dieser Begriffe bietet für jeden das, was er darin sehen will.
Wie soll man mit Pegida umgehen? Braucht die Flüchtlingspolitik wirklich eine Reform?
Die Öffentlichkeit schwankt zwischen absolute Ablehnung von Pegida, Akzeptanz als Folge der Ängste der Bürger oder latente Zustimmung. Bei alledem sollte jedoch nicht vergessen werden: Wer Pegida akzeptiert und legitimiert, schenkt damit nicht nur der besorgten selbsternannten Mitte der Gesellschaft Gehör, sondern auch zahlreichen Rechtsextremisten. Solange Pegida sich davon nicht distanziert - und das wird die Initiative nicht, denn Rechtsextremismus ist wohl ihr Kern - muss man die Demonstrationen ablehnen, erst recht, wenn sie sich an der Geschichte vergreifen mit Sprüchen wie "Wir sind das Volk!".
Der Rechtsextremismus darf nicht in die Mitte der Gesellschaft gelangen, und das kann nur erreicht werden, wenn man ihm dort keinen Platz lässt - deshalb sind die Gegendemonstrationen wichtig, denn sie zeigen, dass eben kein Großteil der Bevölkerung hinter Pegida steht. Rassismus darf nicht in Mode kommen, denn sobald Pegida nicht mehr abgelehnt wird, haben Neonazis Nährboden. Deshalb ist es auch so wichtig, die Asylpolitik nicht an diesen Forderungen auszurichten, denn Erfolgserlebnisse geben Pegida nur Nährboden.
Auch gegen die Angst muss man vorgehen. Es ist nicht überraschend, dass die Demonstranten aus niedrigeren Bildungsniveaus stammen. Hier hilft nur Information. Nur wer weiß, dass Angst unbegründet ist, kann sie ablegen.
Pegida sieht sich als patriotisch, will deutsche Identität. Zu Deutschland gehören aber auch seine Werte. Wir dürfen wirklich nicht vergessen wer wir sind. Aber Deutschland ist keine Festung, in die nur Deutsche dürfen. Wir liegen in der Mitte Europas, wir haben aus der Geschichte gelernt. Wir wissen, was Krieg, Diktaturen und Vertreibung bedeuten. Das Asylrecht war den Vätern und Müttern des Grundgesetzes wichtig. Wenn wir es einschränken wollen, entfremden wir uns mehr von dem was wir sind als wenn wir eine Millionen Flüchtlinge aus allen Ecken der Welt aufnehmen.
Monatsthema 12/14
Deutsche haben Angst, oft, gerne und viel, so das Klischee. Beliebt war natürlich immer die Inflation, Russland, Chlorhühnchen, Schweingrippe etc.. Die Ängste der Bürger muss man natürlich ernst nehmen, heißt es immer, und manchmal ist das auch wahr. Es gibt aber Fälle, in denen es uns in Teufels Küche bringt.
„Wzwz 141222 munich against racism j“ von Wzwz - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC0 über Wikimedia Commons.
Pegida...als ich den Namen zum ersten Mal hörte, kamen sofort Assoziationen wie "Hogesa" auf oder sonstige fragwürdige Gruppierungen. Dass sich daraus ein solches Massenphänomen entwickelt, war damals höchstens zu befürchten. Mittlerweile ist Pegida zwar immer noch lokal begrenzt, aber dennoch ein Thema, welches ganz Deutschland bewegt.
Das liegt allein schon daran, dass niemand genau weiß, was Pegida ist, woher es kommt und was es will, und erst recht nicht, wie man damit umgehen sollte. Pegida ist keine feste Gruppierung wie wir es von der NPD, den Republikanern und ähnlichem kennen. Es ist ein Sammelbecken für ganz verschiedene Personengruppen. Das macht es auch so widersprüchlich.
Glaubt man dem 19-Punkte-Positionspapier, so will die Initiative primär radikalreligiöse Organisationen einschränken, fordert also mehr Einsatz gegen terroristischen Islamismus, aber auch schärfere Umsetzung des Asylrechts, v.a. Ausweisung von straffälligen Asylbewerbern. Dem gegenüber stehen aber auch Forderungen wie bessere Betreuungsqualität in Asylbewerberheimen und verstärkter Einsatz für Integration - die Forderungen könnten auch von der CSU sein.
Demokratisch, aufgeschlossen, bürgernah und eben nicht rechtsradikal, so wollen die Organisatoren gesehen werden. Außer dem mehrfach vorbestraften Initiator und einem ausländerfeindlichen Ex-CDUler ist von den 12 Personen nur wenig bekannt, außer, dass sie alle treu dem Grundgesetz verpflichtet sein sollen. Und, was den Beobachter dann doch sehr überrascht, auch teilweise zum Islam gehören.
Man sage, was die Leute denken, man wäre die Stimme der Angst der Bevölkerung, der Angst vor Überfremdung und Islamismus, so möchte man gesehen werden. In meinen Augen stellt sich jedoch die Frage, ob diese Angst wirklich existiert.
Gibt es wirklich eine Asylflut, eine Terrorgefahr und Überfremdung in Deutschland? Ist dies die Quelle der Pegidaproteste? Natürlich nimmt die Anzahl an Asylbewerbern zu, die Behörden sind überlastet. Aber von einer Asylflut kann keine Rede sein. Ein Großteil der Bevölkerung kommt nicht in Kontakt mit Asylbewerbern, viel eher jedoch mit der ständigen Berichterstattung über neue Asylbewerberheime. Gerade diese Berichterstattung bezieht sich jedoch nicht auf Probleme, die durch diese neuen Flüchtlinge entstehen, sondern ehrer auf die Ressentiments der Anwohner, die nach dem Sankt-Floriansprinzip mit dem Leid der Welt nichts zu tun haben wollen.
Auch die Terrorgefahr wird gerne überschätzt, zumindest die durch islamistischen Terror. Natürlich gibt es Extremisten in Deutschland, die auch zu Terroranschlägen fähig werden. Aber wenn wir die vergangenen Jahre betrachten, so sehen wir, dass die deutschen Behörden fähig sind, mit islamistischem Terror umzugehen. Woran sie allerdings scheitern ist der Umgang mit nationalsozialistischem Terror. Der fängt bei zahlreichen brennenden Asylbewerberheimen an und endet beim NSU. Vor diesem Terror müssen wir uns schützen. Der Unterschied für Pegida-Demonstranten ist aber: Islamistischer Terror kann sie treffen. Naziterror betrifft aber eher in seltenen Fällen Deutsche.
Droht in Deutschland Überfremdung? Eine Frage, die kaum zu beantworten ist, denn Überfremdung ist ein subjektiver Begriff. Für mich ist ein gewisser Ausländeranteil in der Bevölkerung keine Bedrohung, sondern eher ein Zeichen von Moderne und positiver wirtschaftlicher Entwicklung einer Region. Für andere sind bereits wenige Ausländer ein Grund für Echauffieren. Fakt ist aber, dass die Pegida-Proteste gerade in Regionen Deutschlands stattfinden, in der nur wenige Ausländer leben. Das ist zwar kein zwingender Grund dafür, dass nicht wirklich Angst vor Überfremdung vorherrscht, aber es lässt es trotzdem zweifelhaft erscheinen. Immerhin gibt es in Sachsen weniger Ausländer als FDP-Wähler.
Ich denke, die Pegida-Initiative hat einen anderen Ursprung. Einseitige Medienberichterstattung führt zu einer grundsätzlich besorgten Einstellung in der Bevölkerung. Gerade diese konnte von Rechtsextremen ausgenutzt werden. Die deutsche Angst ist meistens nicht auf die Realität, sondern auf Schreckensbilder bezogen. Und die kann jeder produzieren. Ähnlich wie die AfD braucht es nur die Kombination von rechtsextremen Positionen, aber einem bürgerlichen Anschein nach außen, um die Massen zu mobilisieren. Hat man einmal die Menschen davon überzeugt, dass die Organisatoren nicht rechtsextrem sind, kann man in aller Ruhe Hemmungen abbauen. Dazu dienen auch zwielichtige Begriffe wie "Patriotismus" oder "Europäer". Meint man hier grunsätzliche Affinität zur Heimat und Übereinstimmung mit westlichen Werten, oder geht es hier um Nationalismus und Rassismus? Die Vielschichtigkeit dieser Begriffe bietet für jeden das, was er darin sehen will.
Wie soll man mit Pegida umgehen? Braucht die Flüchtlingspolitik wirklich eine Reform?
Die Öffentlichkeit schwankt zwischen absolute Ablehnung von Pegida, Akzeptanz als Folge der Ängste der Bürger oder latente Zustimmung. Bei alledem sollte jedoch nicht vergessen werden: Wer Pegida akzeptiert und legitimiert, schenkt damit nicht nur der besorgten selbsternannten Mitte der Gesellschaft Gehör, sondern auch zahlreichen Rechtsextremisten. Solange Pegida sich davon nicht distanziert - und das wird die Initiative nicht, denn Rechtsextremismus ist wohl ihr Kern - muss man die Demonstrationen ablehnen, erst recht, wenn sie sich an der Geschichte vergreifen mit Sprüchen wie "Wir sind das Volk!".
Der Rechtsextremismus darf nicht in die Mitte der Gesellschaft gelangen, und das kann nur erreicht werden, wenn man ihm dort keinen Platz lässt - deshalb sind die Gegendemonstrationen wichtig, denn sie zeigen, dass eben kein Großteil der Bevölkerung hinter Pegida steht. Rassismus darf nicht in Mode kommen, denn sobald Pegida nicht mehr abgelehnt wird, haben Neonazis Nährboden. Deshalb ist es auch so wichtig, die Asylpolitik nicht an diesen Forderungen auszurichten, denn Erfolgserlebnisse geben Pegida nur Nährboden.
Auch gegen die Angst muss man vorgehen. Es ist nicht überraschend, dass die Demonstranten aus niedrigeren Bildungsniveaus stammen. Hier hilft nur Information. Nur wer weiß, dass Angst unbegründet ist, kann sie ablegen.
Pegida sieht sich als patriotisch, will deutsche Identität. Zu Deutschland gehören aber auch seine Werte. Wir dürfen wirklich nicht vergessen wer wir sind. Aber Deutschland ist keine Festung, in die nur Deutsche dürfen. Wir liegen in der Mitte Europas, wir haben aus der Geschichte gelernt. Wir wissen, was Krieg, Diktaturen und Vertreibung bedeuten. Das Asylrecht war den Vätern und Müttern des Grundgesetzes wichtig. Wenn wir es einschränken wollen, entfremden wir uns mehr von dem was wir sind als wenn wir eine Millionen Flüchtlinge aus allen Ecken der Welt aufnehmen.
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