Donnerstag, 9. April 2015

Monatsthema 4/15

Hesses gleichnamiger Roman beschreibt ein Spiel, das unvorstellbares vermag: es bildet eine Plattform zur Kommunikation zwischen den Wissenschaften, kann Bezüge zwischen Sinfonien und mathmatischen Sätzen, zwischen soziologischen Theorien und physikalischen Formeln herstellen - ist das die Utopie der Interdisziplinarität?

Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte haben sich immer wieder neue Wissenschaften gebildet, die Themenbereiche untersuchten, die zuvor ein Randthema ihrer Mutterwissenschaft waren. Ein sehr eingängiges Beispiel ist Newton, der von seinen Zeitgenossen wohl eher als Philosoph denn als Physiker bezeichnet worden wäre - die Physik als eigene Wissenschaft war erst im Entstehen. Während man damals aber erst langsam anfing, Wissenschaften aus dem Dunstkreis der allumfassenden Philosphie zu heben und sie neben den etablierten Disziplinen der Jura, Medizin und Theologie zu stellen, hat dies heute ganz andere Dimensionen erreicht.

Wissenschaft heute ist spezialisiert. Man ist nicht mehr Soziologe, Historiker oder Physiker. Man ist Gendertheoretiker, Medizinhistoriker für das Altertum und Theoretischer Quantenphysiker. Nicht nur die Wissenschaften an sich werden stets mehr (was auch ein Grund dafür ist, dass es immer mehr neue Studiengänge gibt). Auch ihre Disziplinen vervielfältigen sich und driften auseinander.

Aber die Gegenbewegung ist auch schon da - Interdisziplinarität ist das neue Modewort, wird überall gefordert, aber kaum verwirklicht. Wissenschaften sollen zusammenarbeiten, gerade solche, die sich fremd erscheinen. Forschungsfelder sollen erschlossen werden, die nirgendwo hineinpassen. CATO fragt diesen Monat, ob die Zukunft wirklich in der Interdisziplinarität liegt - ist Kommunikation zwischen den Wissenschaften wirklich möglich und bringt sie wirklich neue Erkenntnisse? Welche Auswirkungen hat dies auf die Art, wie wir Neues entdecken? Wo beginnt Interdisziplinarität - schon in der Schule, bei fächerübergreifenden Unterricht? Wo findet Interdisziplinarität am besten statt - in der Wirtschaft oder in der Wissenschaft? Und wie weit kann sie gehen - können Soziologie und Chemie einen gemeinsamen Nenner finden? Aber vorallem: Wie funktioniert Interdisziplinarität, was haben die Wissenschaften gemeinsam?

CATO freut sich auf eure Texte! 

1 Kommentar:

  1. Es gibt sowohl Argumente für Interdisziplinarität als auch für weitergehende Spezialisierung.

    Die entscheidende Frage ist an welchem Thema ein Wissenschaftler arbeitet. Vor einigen Hundert Jahren, nehmen wir die Zeit Goethes, war es in der Tat so, dass Wissenschaftler sehr stark interdisziplinär gearbeitet haben. Dies war nicht verwunderlich, denn das verfügbare Wissen in jeder einzelnen Disziplin war beschränkt. Es gab zum Beispiel in der Medizin weder eine Anästhesie noch eine Neurologie. Und die Chirurgie beschränkte sich im wesentlichen auf Amputationen. Gleiches gilt für die Juristerei. Die Zahl der Gesetze und der juristischen Gebiete von damals ist nicht im geringsten vergleichbar mit heute. Goethe war Universalgelehrter. Heute ist Spezialisierung und Arbeitsteilung notwendig weil die Komplexität eines einzigen Wissenschaftsgebietes so hoch ist, dass ein einzelner Mensch mit der Bearbeitung einer Vielzahl von Wissenschaften überfordert wäre.

    Andererseits kann man auch einen Trend zum interdisziplinären Arbeiten erkennen. Und zwar dort, wo Zukunftsthemen bearbeitet werden, deren Umfang und Auswirkung noch nicht klar erkennbar ist. Dann macht es Sinn, Wissenschaftler und Experten aus verschiedenen Fachgebieten zusammenzuziehen. Auf diese Weise schafft man Synergien und Kreativität.
    Beispiele sind Think Tank in den USA, oder die Forschungslaboratorien von Google (Google X) oder von 3M. In Deutschland hat Siemens vor einigen Jahren den neuen Geschäftsbereich Urbanization gegründet um zu erforschen wie sich die zunehmende Verstädterung auswirkt und welche Geschäftsmodelle sich daraus entwickeln lassen.

    Kennzeichen dieser Think Tank ist, dass Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen zusammenarbeiten. Sowohl Naturwissenschaftler, Geisteswissenschaftler oder Ingenieure. Um am Beispiel Siemens zu bleiben: Wie entwickeln sich Städte und was benötigen Städter in 30 Jahren. Das ist eben nicht nur ein Thema für Tiefbauingenieure.

    Schwierig ist sicher das Managen der Kommunikation innerhalb eines Think Tank. Man kann sich durchaus vorstellen, das ein Theoretischer Physiker anders kommuniziert und argumentiert als ein Psychologe oder Sozialpädagoge. Hinzu kommen gerade in der globalen Welt die vorhandenen Kulturunterschiede. Von den Unterschieden in der Geschlechterkommunikation ganz zu schweigen.

    Fazit: generell kann man sagen, dass sich keine eindeutiger Trend abzeichnet und sowohl Spezialisierung als auch interdisziplinäres Arbeiten seine Sinnhaftigkeit haben. Es wird weiterhin die Spezialisten geben welche im Elfenbeinturm ihrer eigenen Wissenschaften die Erkenntnisse ihres Gebietes vertiefen und weiterentwickeln.
    Darüber hinaus muss es aber auch Wissenschaftler geben, die das gewonnene und vorhandene Wissen interdisziplinär einsetzen und abgleichen um in neue Gebiete vorzustoßen, oder neue Produkte zu entwickeln welche es heute noch nicht gibt. Letzteres ist erfahrungsgemäß in einem interdisziplinären Umfeld am erfolgreichsten.

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