Dienstag, 23. Dezember 2014

Daniel Vedder
Was ist ein „Hacker“? Denken wir an einen blassen Teenager, der im Keller seiner Eltern vor einem Computer hockt und einen Virus schreibt? Oder an die organisierten Cyberkriminellen, die jedes Jahr Millionen an Euro wirtschaftlichen Schaden verursachen? Weder noch!
"Barbara Stanik" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by)
http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de


Der Hacker ist heute weitgehend mit negativen Assoziationen verbunden und leider folgen dieser Sichtweise mittlerweile die meisten Medien. Die wenigsten wissen jedoch, dass diese Bedeutung des Wortes gerade einmal 20 Jahre alt ist. Das Wort selbst gibt es jedoch schon seit über 50 Jahren – wen bezeichnete es denn ursprünglich?
Die erste Gruppe Menschen, die sich selbst als Hacker bezeichneten, entstammte dem Tech Model Railroad Club am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Ende der 1950er Jahre. Sie waren begabte Studenten mit einer Faszination für Technik – und dem großen Glück, gerade zu der Zeit zu studieren, als die ersten Computer an die Universitäten kamen. Bald hatten sie diese neuen Maschinen für sich entdeckt und waren von ihnen begeistert. Sie genossen es, die Fähigkeiten dieser riesigen Apparate so weit wie möglich auszureizen, sie Dinge machen zu lassen, die noch niemand zuvor gemacht hatte. Einen besonders cleveren Erfolg nannten sie einen „Hack“; sie selbst waren dann also „Hacker“.
Natürlich blieben sie nicht allein. Im Laufe der folgenden Jahre bekamen mehr und mehr Universitäten Computer, an vielen Orten bildeten sich ähnliche Gruppierungen. Aus Studenten wurden Computerwissenschaftler, die sich untereinander vernetzten und ihre Erfahrungen und Ideen austauschten. Ein Gemeinschaftsgefühl entwickelte sich, eine eigene Umgangssprache bildete sich und gemeinsame Werte traten hervor. Eine neue Subkultur hatte sich gebildet, mit ihrem eigenen Humor, ihren Helden und Antihelden.
Diese Hacker stellten viele der besten Programmierer ihrer Zeit. Danke ihrer Faszination und ihrer Liebe zu Computern trieben sie die Entwicklung des elektronischen Zeitalters immer weiter voran. Sie entwarfen immer mächtigere Betriebssysteme und Programme, verbesserten sie ständig und erfanden schließlich in den 80ern die ersten Computernetzwerke. Diese wuchsen und wuchsen und schließlich entstand – das Internet.
Das war in den 1990ern. Zur selben Zeit entstand, dank der aufkommenden weiten Verbreitung von Heim-PCs, eine andere Gruppe, die sich ebenfalls Hacker nannte. Dies waren die oben genannten Kriminellen. Leute, die zwar auch an Computern interessiert waren, sie aber lieber dazu gebrauchten, Schaden anzurichten als Neues zu erschaffen. Die ursprünglichen Hacker verwehrten sich heftig gegen diesen verunglimpfenden Gebrauch ihres Namens; sie nannten diese neue Gruppe „Cracker“. Leider konnten sie sich nicht durchsetzen, fortan hatte das Wort „Hacker“ in der öffentlichen Wahrnehmung einen schlechten Beigeschmack.
Doch das war nicht das Ende der ursprünglichen Hacker. Eines der höchsten Ideale der Subkultur ist schon immer Freiheit gewesen. Diese Freiheit offenbarte sich auch im Bereich der Computersoftware: Anders als kommerzielle Firmen schreiben Hacker, wo möglich, Programme die frei verfügbar sind. Frei bedeutet in diesem Fall, dass die Programme beliebig kopiert und weitergegeben werden können, aber vor allem, dass der Quellcode offen liegt, sprich dass das Programm von jedermann verändert werden kann. Solche Programme werden als „free software“ oder „open source software“ (freie oder quelloffene Programme) bezeichnet, bekannte Beispiele sind etwa das Linux-Betriebssystem, der VLC-Mediaplayer oder die OpenOffice Suite. Entsprechend sammelten sich die Hacker nun unter dem neuen Banner der Open-Source Bewegung.
Dort verbleiben sie bis heute. Obwohl kaum noch jemand weiß, dass „Hacker“ eigentlich ein Ehrentitel war und viele auch noch nie von Open Source gehört haben, leisten sie weiterhin wertvolle Arbeit in unserer digitalen Welt. Man bedenke dabei etwa, dass weit über die Hälfte aller Webserver mit Linux laufen und auf quelloffene Programme für einen Großteil ihrer Funktionalität angewiesen sind, dass das populäre Mobilbetriebssystem Android selbst auf Linux basiert ist und dass Millionen Menschen jeden Tag Open Source Programme benutzen.
Hacker arbeiten aus Leidenschaft an diesen Sachen. Sie investieren oftmals ohne jegliche Bezahlung viel Zeit in ihre Projekte; Projekte wie das Apache Webserverprogramm, auf dem ein signifikanter Teil unserer Internet-Infrastruktur beruht. Wir nutzen die Errungenschaften und Leistungen der Hackerkultur jeden Tag, ohne es zu merken. Vielleicht ist es an der Zeit, uns bewusst zu machen, dass „Cracker“ nicht gleich „Hacker“ ist – der erste ist der Gangster, der zweite der Pionier des digitalen Neulandes.
Weiterführende Literatur 
"The Jargon File - the online hacker's dictionary" - www.catb.org/jargon  
 "Hackers", Stephen Levy - Anchor/Doubleday 1984


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3 Kommentare:

  1. Schön dass du mal die unwissende Mehrheit der Computernutzer über diesen Unterschied aufklärst. Ich finde es interessant, wie schnell sich dieser Begriff in seiner Bedeutung geändert hat. Vllt wäre es einfacher, wenn sich diese Subkultur einen neuen Begriff sucht, bzw. ihre Bedeutung mehr nach außen trägt. Der normale OO-Nutzer weiß wohl kaum wer hinter dem ganzen steht.

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  2. zwei passende Artikel aus dem Netz:


    http://t3n.de/news/chaosdorf-586564/

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hacker-angriffe-sind-nicht-die-wahre-gefahr-im-internet-13345184.html

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