Samstag, 12. Oktober 2013

Martin Lotter
Monatsthema 10/2013 

Kürzlich wurde das neue Videospiel GTA 5 auf den Markt gebracht. Spiele im Wert von mehr als 1 Mrd. USD wurden in den ersten 3 Tagen verkauft. Das ist ein neuer Rekord für ein Spiel dieser Art. Dies ist leider nicht die einzige Schlagzeile zu diesem Spiel. Denn über den Spielinhalt wird auch diskutiert: über die in dieser Version vorhandenen Folterszenen.
Der menschliche Spieler praktiziert im Laufe des Spieles mit seiner Spielfigur Folterungen an anderen Spielfiguren. Die Medien, Experten und vor allen Dingen Käufer fragen sich : müssen die Folterszenen in diesem Spiel sein ?
Zunächst ein paar Worte zum Spiel GTA5. Im Spiel – Grand Theft Auto 5, auf Deutsch in etwa „Großer Autodiebstahl“, schlüpft der Spieler in die Rolle eines Kriminellen. Die zu verübenden Straftaten können „harmlos“ wie ein Autodiebstahl sein. Man verübt Banküberfälle , hat Schießereien mit der Polizei und dergleichen. Man erlebt die „übliche“ Kriminalität, die man auch Sonntags im Tatort sieht.
Schlimm aber ist die 10 minütige Folteraufgabe, die der menschliche Spieler ab einer bestimmten Spielstufe zwingend an seinen künstlichen Spielfiguren „erledigen“ muss. Zu diesen Foltermethoden gehört Waterboarding, das Zertrümmern der Kniescheiben, Zähne ziehen oder Elektroschocks.
Warum haben die Spieleentwickler in der nun fünften Version des Spieles diesen Part eingebaut?
Eine mögliche Erklärungen könnte sein, dass Foltern als Spiel nicht mehr verpönt ist, nachdem auch das US-Militär bzw. die CIA im Irak gefoltert hat. Was die US-Regierung macht, kann auch in einem Videospiel nicht verboten sein. Eine weiterer Grund kann sein, dass die Spieleentwickler eine neue Stufe in der Spannungshierarchie benötigten. Nach den GTA Versionen 1-4 musste ein neuer Kick eingebaut werden. Die Folterszene ist ein zusätzlicher Kaufanreiz für erwartungsvolle Käufer.
Es kann aber auch sein, dass der Hersteller die Empörung in den Medien vorhergesehen und einkalkuliert hat. Auch schlechte Reklame ist Publicity. Wäre das der Fall, hätte man die Folterszene eingebaut, um zum Verkaufs-start viele Diskussionen in den Medien zu erzeugen.
Egal welches Argument – oder alle – richtig ist, bleibt die Frage: darf man spielerisch foltern, auch wenn es nur virtuell ist? Und welche Folgen hat das für die Psyche der Spieler?
Bekannt und nachgewiesen ist, dass so genannte „Ego-Shooter“ Spiele vereinzelt dazu führen, dass die jugendlichen Spieler in der Realität Verbrechen begehen, die sie im Spiel erlebt haben. Die Amokläufe in den Schulen von Erfurt und Winnenden sind Beispiele.
Was, wenn der nächste Amokläufer nicht „nur“ wild um sich schießt, sondern die Opfer – meist Mitschüler - foltert? Was, wenn Jugendliche die Anreize solcher Videospielen in der Praxis umsetzen ?
GTA5 ist sicher nicht der letzte Spielehersteller, der mit Folterungen eine weitere Hemm-schwelle überschritten hat.
Ich halte Folterszenen in Videospielen für überflüssig und falsch. Wie seht ihr das?

7 Kommentare:

  1. Ich stimme dir zu: GTA5 sprengt die ethischen Grenzen. Es ist ein Unterschied, ob ich unpersönliche auf dem Bildschirm herumlaufende Figuren abschieße oder ob ich eine lebensechten, winselnden Mensch foltere.

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  2. "Ich halte Folterszenen in Videospielen für überflüssig und falsch. Wie seht ihr das?"
    Genauso.

    Mal ganz abgesehen von dem Argument der gesteigerten Aggressivität, finde ich so etwas auch eine Verletzung der Menschenwürde. Ein Spiel, dessen "Spassfaktor" darauf basiert, Menschen (wenn auch virtuelle) zu erniedrigen und zu quälen verdient diesen Namen meiner Ansicht nach nicht mehr.

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  3. Ein Journalist der auch schon als Kriegsreporter gearbeitet hat, vergleicht hier mal echte Bilder von Kriegsszenen mit Schnappschüssen aus Videospielen: http://www.bbc.co.uk/news/in-pictures-16745015 Die Realitätsnähe, die da erreicht wird, ist schon verrückt.

    Und wenn man sich jetzt vorstellt, dass Folterszenen genauso realistisch dargestellt werden, dann reicht FSK 18 glaub ich nicht mehr aus...

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  4. Ich kann nachvollziehen, dass diese Folterszene heftige Kritik nach sich zieht und finde sie für meinen Teil ebenfalls nicht notwendig. Ihre Befürchtug, diese Folterszene könne auch in der Realität nachgeahmt werden, weil sie in diesem Spiel gezeigt wurde, teile ich jedoch keinesfalls. Es gibt meines Wissens bisher keinen wissenschaftlichen Beleg, dass die von Ihnen angesprochenen Amokläufe eine Folge von Ego-Shootern sind. Vielmehr ist der Grund für solche Taten Bullying in ihrem sozialen Umfeld. Obwohl auch ich solchen Spielen eher abgeneigt bin, halte ich dieses Argument dementsprechend für wenig aussagekräftig. Viel erschreckender finde ich es, wie leicht Minderjährigen ein Amoklauf gemacht wird. Wenn jemand aus rechtlicher Sicht eine Waffe besitzen darf, kann er dies meiner Meinung nach auch tun, jedoch sollte er sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst sein. Ebenfalls finde ich fragwürdig, dass Filme von Kritik an Gewalt meist verschont bleiben. Was manche Filme nämlich zu bieten haben, steht Elektroschocks, Zähne ziehen, Kniescheiben bearbeiten und Waterboarding in nichts nach (z.B. Saw). Ich verstehe nicht wirklich, was ein Spiel, bei dem man eine Folterszene aktivieren kann, von einem Film (den man zuvor auch erst einschalten muss) unterscheidet. Letztendlich ist es jedem selbst überlassen, ob er sich dieses Spiel kaufen möchte oder nicht. Ich für meinen Teil verzichte.

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  5. Das Amokläufe Folge von Killerspielen sind, halte ich ebenfalls für nicht richtig.
    Der kritische Punkt ist jedoch, dass ich selbst foltere und nicht ein Verrückter auf der Leinwand.

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  6. Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass Spiele (ungeachtet des Inhalts) nach wie vor Spiele bleiben - und somit völlig fiktiv sind. Jeder Spieler identifiziert sich stärker oder weniger stark/gar nicht mit bestimmten Charakteren, was jedoch völlig subjektiv ist und stark variiert. Was aber ist mit Konsumenten von Filmen/Büchern: Es ist absolut nicht ungewöhnlich, dass man sich als Leser bzw. Zuschauer mit fiktiven Charakteren identifizieren kann. Jedoch ist auch dies wieder absolut subjektiv und wird von verschiedenen Personen verschieden wahrgenommen. Nach wie vor halte ich dementsprechend Filme o. Ä. mit kritischen Inhalten nicht mehr oder minder verwerflich als Spiele.

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  7. In der Süddeutsche Zeitung war am Donnerstag über die Firma welche GTA 5 herausgebracht ein Artikel . Unter anderem wird Hillary Clinton verwiesen. Sie will untersuchen lassen ob ein Zusammenhang zw. Spielen wie GTA und Schießereien an Schulen zu erkennen ist. Die Regierung will 90 Mio. $ hierfür investieren. Genrell meint Clinton, solche Spiele seien eine Gefahr.
    Weiterhin wird im Artikel erwähnt, dass besonders ekelhafte Szenen im Spiel die Neugier der Käufer wecken. Solche Szenen einzubauen sei eine bewusste Strategie der Firma.
    Ich finde solche Spiele sollte man boykottieren.

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