Theresa Kruse
Sie muss eine beeindruckende
Persönlichkeit gewesen. Dabei wurde Cato Bontjes van Beek nur 22
Jahre alt. Dann wurde sie im Strafgefängnis in Berlin-Plötzensee
1943 hingerichtet. Adolf Hitler persönlich entschied in letzter
Instanz gegen ihr Leben. Warum?
Aufgewachsen ist Cato in dem norddeutschen Dörfchen Fischerhude. Das liegt etwa 30 Kilometer von Bremen entfernt. Als Tochter eines Künstler-Paares und älteste von drei Geschwistern erlebte sie in ihrer Kindheit ein sehr liberales Umfeld.
Doch dass ihre Familie anders als die
anderen Dorfbewohner war, bekam Cato immer wieder zu spüren: Als
einzige waren sie mit ihrer Schwester Mietje und dem Bruder Tim nicht
getauft. Zu dieser Zeit eine Seltenheit, ja gar etwas Suspektes.
Später entschied sich ihre Mutter, die Tänzerin Olga, dagegen, ihre
Kinder an Hiterjugend und dem Mädchenbund teilnehmen zu lassen.
Stattdessen erhielten die drei Bontjes-Geschwister am Wochenende
zusätzlichen Unterricht bei ihrem Lehrer.
Doch schon er erlebte die junge Cato
sehr diskussionsfreudig: Immer wieder versuchte er, den Schülerinnen
und Schülern klar zu machen, dass es unmöglich sei ,auf Dauer gegen
den Strom zu schwimmen. Darauf erwiderte Cato selbstsicher: „Aber
wir können es!“.
Schon während ihrer Schulzeit
verbrachte Cato längere Zeit in Amsterdam und England. Sicherlich
prägte sie das. Und sicherlich trug auch diese Außensicht dazu bei,
sich nicht vom Nazi-Regime gefangen nehmen zu lassen.
Nach der Schule ging Cato nach Berlin.
Dort half sie ihrem Vater in seiner Keramik-Werkstatt. Die Eltern
hatten sich nämlich inzwischen getrennt und seitdem lebte ihr Vater
Jan mit seiner neuen Frau in Berlin. Dort fand Cato Kontakt zu der
Widerstandsgruppe, die später den Namen „Rote Kapelle“ erhielt.
Das Ehepaar Harro und Libertas Schulze-Boysen hatte eine lose
Gemeinschaft um sich versammelt. Cato fühlte sich von den Idealen
der Gruppe angezogen und half so beispielsweise mit, Flugblätter zu
erstellen und zu verbreiten.
„Es ist so furchtbar grausam alles. Die Welt hat sich nicht viel geändert seither, leider! Kulturen werden gebaut, zerstört, wieder neu gebaut und von neuen Geschlechtern wieder weggefegt.“
Bei aller Lektüre war Cato stets auf
der Suche nach der Wahrheit. Immer wieder dachte sie, sie gefunden zu
haben und stand dann doch wieder vor dem Nichts. Bei ihrer Suche
bemühte sie auch Werke aus dem fernen Osten, indem sie indische und
chinesische Texte las.
Am 20. September 1942 klingelte es
schließlich an der Wohnungstür, hinter der Cato und ihr Vater in
Berlin lebten. Vier Gestapo-Beamte waren gekommen, um sie zu
verhaften. Ein paar Wochen zuvor war bereits der Kopf der Gruppe, das
Ehepaar Schulze-Boysen verhaftet worden. Daraufhin setzte sich eine
Verhaftungswelle in Bewegung, der viele der Mitglieder zum Opfer
fielen. Für Cato begann damit eine fast ein Jahr dauernde Zeit voll
Ungewissen, Hoffen und Bangen im Gefängnis. Doch auch von hier
schrieb sie viele Briefe an ihre Familie und Mithäftlinge zu denen
sie ein freundschaftliches Verhältnis hatte. In einem diese Texte
erzählte sie einem Mitgefangenen von ihrem Prozess und ihrer
Verteidigung.
„Von dieser Liebe zu den Menschen habe ich in meinem Schlusswort gesprochen. Es war mir ja auch nie zuvor so klar, wie sehr ich Deutschland liebe. Als ich wusste, jetzt kannst du nur noch etwas sagen, um dein Leben zu retten, da gab es gar keine Politik mehr für mich, sondern einzig und allein stand vor mir das Bild, dass es nur eines gibt, und das ist die Liebe der Menschen untereinander. Ich bin kein politischer Mensch, ich will nur eins sein, und das ist: ein Mensch.
Nennt man dies nun: dem Tod ins Auge sehen. Es verpflichtet zu so vielem. Ich habe nicht um mein Leben gebettelt. Da hat der Mensch gezeigt, was er ist – nicht bei der Beweisaufnahme, sondern bei seinem Schlusswort. Ich werde das nie vergessen – sollte ich leben bleiben, jedes andere Urteil ist mir egal. Nur leben will ich, leben, leben!“
Doch ihr Todesurteil ließ sich nicht
verhindern. Da halfen auch die vielen Bemühungen ihrer Familie und
alten Bekannten aus Fischerhude nicht. Zusätzlich zu ihrem eigenen
Schicksal, sorgte sich Cato auch weiterhin um ihren jüngeren Bruder,
der als Soldat in Russland stationiert war. Adolf Hitler selbst
unterschrieb schließlich die Verweigerung von Catos Begnadigung.
16 Männer und Frauen wurden am 5.
August 1943 durch das Fallbeil im Dreiminutentakt hingerichtet. Cato
Bontjes van Beek war eine von ihnen.
Quelle und Leseempfehlung:
Hermann Vinke: Cato Bontjes van Beek.
Ein Porträt. Hamburg: Arche 2013.
Heidelore Kluge: Cato Bontjes van Beek.
„Ich nur eins sein, und das ist ein Mensch“ Das kurze Leben einer
Widerstandskämpferin 1920-1943. 2. Aufl. Stuttgart: Urachhaus 1995.
Eine inspirierende Geschichte! Und nochmals ein Widerstandskämpfer (oder viel mehr -kämpferin), die kaum jemand kennt. Hans Litten, Robert Blum, Cato Bontjes van Beek, wie viele von ihnen gibt es noch?
AntwortenLöschenIn der Tat, beim Thema Widerstand gegen das NS Regime kennt man Sophie Scholl, v. Stauffenberg und evtl. noch Bonhoeffer. Vielleicht fällt uns noch der Name Elsner ein, weil er recht spektakulär in München eine Bombe im Bürgerbräukeller gezündet hat.
AntwortenLöschenDabei gab es zigtausende Bürger im 3. Reich welche aktiv Widerstand geleistet haben. Meist im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und im Verborgenen. Nicht vergessen sollte man aber auch die vielen Vertreter der Kirchen die Sonntag für Sonntag aktiv in ihren Predigten die Schandtaten Nazis der Nazis angeprangert haben, und dafür mit Ihrem Leben bezahlt haben. Viele von Ihnen starben in den KZ so wie Georg Häfner aus Würzburg. Oder Ihre Klöster wurden aufgelöst wie das von Münsterschwarzach.
Die Problematik mit der Erinnerung an den Widerstand ist, dass man immer wieder fürchtet, diese Erinnerung könnte jene an die kollektive Schuld des deutschen Volkes überdecken - es gab tausende Widerstandskämpfer, aber Millionen Nazis.
AntwortenLöschenEin zweites Problem, dass die Widerstandskämpfer nicht unbedingt Demokraten waren, z. B. Stauffenberg. Nicht alle träumten von einem Staat, wie wir ihn heute haben. Deshalb eignen sie sich nur bedingt als Nationalhelden.