Dienstag, 1. Oktober 2013

Niklas Götz

Heute Nacht ist das neue Haushaltsjahr in den USA angebrochen - ohne Haushalt. Der erbitterte Widerstand er Republikanter gegen "Obamacare" hat eine Einigung unmöglich gemacht. Deshalb wurden Behörden in den Zwangsurlaub geschickt - und ändert sich nichts, ist die letzte Supermacht in zwei Wochen pleite.


800.000 Menschen sind im Zwangsurlaub, Museen, Nationalparks, die Börsenaufsicht und Behörden haben geschlossen. Die Außerdienstsetzung des Militärs konnte in letzter Sekunde durch ein Gesetz verhindert werden.
"Dies ist ein sehr trauriger Tag für unser Land"1, sagte der Führer der demokratischen Mehrheit im Senat, Harry Reid. Nach tagelangen Verhandlungen, beinhahe Einigungen und die Hoffnung auf einen Konsens ähnlich wie schon mehrere Male zuvor in den letzten Jahren ist es heute zu dem gekommen, was alle gefürchtet hatten: der "Government Shutdown". Alle nicht dringenden Tätigkeiten der Regierung werden ausgesetzt, der Staat steht auf Sparflamme.
Der Grund dafür: der neue Haushaltsplan von Obama, in dem auch "Obamacare" enthalten war, also die gesetzliche Krankenversicherung für alle Staatsbürger, muss zur Validierung auch durch das Repräsentantenhaus, in dem die Republikaner die Mehrheit haben. Wie bereits mehrmals zuvor wollten sie den Haushaltplan blocken, um politische Ziele zu erreichen. Bisher führte dies immer zu einem Konsens. Diesmal jedoch war keine der beiden Seiten bereit, Zugeständnisse zu machen: Die Republikaner sehen in "Obamacare" kommunistische Auswüchse, Obama musste sein Versprechen endlich einlösen - schließlich war "Obamacare" schon für die letzte Legislaturperiode vorgesehen.
Und aus diesem Grund mutierte das Repräsentantenhaus in der Nacht zum politischen Schlachtfeld - und die Bürger müssen nun am meisten darunter leiden.
Auch wenn die europäischen Börsen gelassen reagierten2, so sieht die Situation jenseits des großen Teichs gänzlich anders aus: die Börse schwächelt, die Bevölkerung gerät in Panik. Seit 18 Jahren hat es keinen "Government Shutdown" mehr gegeben, und diesmal stehen wir noch am Anfang der Erholung von der schwersten Wirtschaftskrise seit fast 100 Jahren. 

Es ist ein schlechtes Zeichen für die Demokratie in der Welt, wenn sich die Politiker nicht in erster Linie um das Wohl des Volkes sorgen, sondern um die Ziele ihre Partei. Die Vorschläge beider Seiten hätten nicht mehr Schaden anrichten können als der "Shutdown". Wird er nicht bald aufgehoben, kann das Land schweren Schaden anrichten. Mehr als 800.000 Menschen beziehen kein Gehalt mehr, staatliche Leistungen sind heruntergefahren - der Konsum und mit ihm die Wirtschaft stehen vor dem Absturz. Selbst der Twitteraccount des Kapitols ist nicht mehr aktiv3. Dies führt zu einem dramatischen Vertrauensverlust in den Staat und damit in die Demokratie, wenn nicht grundlegende Prinzipien wie die Funktionstüchtigkeit der Behörden gesichert werden können.

Doch die jetzige Situation ist noch relativ entspannt im Vergleich zu der, die in zwei Wochen der Welt droht, sollten die Führer beider Parteien sich nicht mehr um die Belange der Weltbevölkerung kümmern. Denn dann ist das Schuldenmaximum der USA erreicht. Gibt es hier auch keine Einigung, so sind die USA pleite.
"Das wäre wirklich der Super-GAU, das hatten wir noch nie und es würde die Konjunktur schwer belasten, nicht nur in den USA. Wenn die Schulden nicht mehr beglichen werden können, könnte auch das Vertrauen in den Dollar schwinden."4
 Es würde nie dagewesene Folgen nach sich ziehen, wenn die nach eigener Aussage letzte verbliebene Supermacht der Welt zahlungsunfähig wäre und die globale Leitwährung zusammenbrechen würde.

Dies zeigt die Problematik der Demokratie: Auch wenn jeder mitbestimmen darf, ist es unerlässlich, zum Wohle aller auch gegen seine Überzeugung zu handeln. Auch wenn dies rückgratslos erscheint, beweist es dennoch größten Mut und Verantwortungsbewusstsein. Die Demokratie lebt vom Konsens. Sollten dies weder die Demokraten noch die Republikaner einsehen, gefährden sie die Weltwirtschaft, das Vertrauen in die Demokratie und damit letztendlich auch ihre eigenen Ziele.
Sie haben noch 17 Tage für einen Konsens. 
Die Uhr läuft.

Quellen:
1. "US-Verwaltung lahmgelegt". http://www.tagesschau.de/ausland/us-haushaltsstreit108.html (Stand 1.10)
2."Der US-Budget-Streit lässt die Börse kalt" . http://boerse.ard.de/aktien/der-us-budget-streit-laesst-die-boerse-kalt100.html (Stand 1.10 )
3. "US-Verwaltung lahmgelegt".
4. ""Das wäre wirklich der Super-GAU"". http://boerse.ard.de/anlagestrategie/regionen/das-waere-der-supergau100.html (Stand 1.10)

9 Kommentare:

  1. http://www.marketplace.org/topics/economy/budget-hero

    Eine spielerische Umsetzung dieser todernsten Angelegenheit.

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  2. Meiner Meinung nach sind es die Republikaner welche sich unverantwortlich verhalten. Auch wenn Ihnen Obamacare nicht gefällt, sie müssen diese Krise nicht provozieren. Sie haben die Chance bei der nächsten Wahl die Mehrheiten im Kongress zu bekommen und den Präsidenten zu stellen. Dann können sie Obamacare wieder abschaffen.
    Den Shutdown zu erzeugen ist unverhältnismäßig.

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  3. @Anonym
    Da stimm ich dir voll und ganz zu.

    Ich hab grad eben vom BBC folgende Analyse gelesen, sehr interessant. Eine der Aussagen des Autors ist, dass der Grund, warum Amerika sich quasi von einer Finanzkrise in die andere taumeln lässt, ist, dass sie es sich leisten können. Geld genug haben sie (noch). Wie sie den Rest der Welt damit runterziehen, ist natürlich nicht so wichtig...

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  4. hier noch ein ergänzender Link,

    WHAT YOU NEED TO KNOW : http://j.mp/1fIvwNd

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  5. Auch ich sympathisiere mit den Demokraten (bzw. ich habe starke Abneigung gegen Reps). Aber das geht den meisten Deutschen so, denn die Demokraten sind halt europäischer.

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  6. @Niklas: was ist schon europäischer ? griechischer, deutscher ?
    gemeint ist wohl, dass die Demokraten eher die in Europa verankerte soziale und staatsverantwortliche Vorstellung von einer Gesellschaft haben. Der Staat soll ein Kümmerer sein. Eben wie b ei Obamacare. Während die Republikaner so wenig Staat wie möglich wünschen.Freiheit für den Bürger, und damit auch Freiheit vom Staat ist deren Doktrin.

    Ein paar interesante Zahlen zu den aktuell beurlaubten Behördenmitarbeitern:
    97 % aller Nasamitarbeiter sind beurlaubt.
    50 % aller Mitarbeiter im Verteidigungsministerium. Unter den nicht beurlaubten sind die Anwerber der Armee. Warum die nicht ?
    15 % der Justizbeamten sind beurlaubt. Darunter sind nicht die Drogenfahnder, aber die Mitarbeiter welche Gnadengesuche bearbeiten...
    94 % aller Mitarbeiter im Umweltschutzamt sind beurlaubt, darunter alle Schädlingsbekämpfer.
    52 % alkler Mitareiter im Gesundheitsministerium sind beurlaubt, darunter alle Lebensmittelinspektoren.
    Ich frage mich nach welchen Kritierien die Entscheidung fällt, wer in einem Ministerium beurlaubt wird und wer nicht.

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  7. Entschuldigung, ich meinte "dem europäischen Gedankengut entsprechend"

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  8. man könnte die Frage stellen, ob die Demokratie der USA mit der zügellosen und scheinbar unkontrollierbaren NSA nicht auch auf Selbstzerstörungskurs ist.
    Wenn die NSA - scheinbar - nicht demokratisch legitimiert jeden Bürger in den USA abhören kann verliert der Bürger früher oder später das vertrauen in den Staat.

    Das wäre mal ein Thema für diesen Blog.

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    1. Eine gute Idee.
      Schreibe doch selber mal einen Text dazu - schließlich kann die Redaktion ja nicht auf jede Frage eine Antwort geben :)

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