Theresa Kruse
Die WM ist vorbei. Die letzten Deutschlandflaggen werden auch eingeholt. Was bleibt ist die Nationalhymne. Soll sie das?
Abgesehen von Fußball-Länderspielen und Olympia-Siegerehrungen gibt es im Alltag kaum Berührungspunkte mit der deutschen Nationalhymne. Gespielt wird sie sonst noch bei nationalen Empfängen.
Doch identifiziert sich noch ein Deutscher mit der Nationalhymne? Braucht es so ein Deutschlandlied heute überhaupt noch?
Laut dem Brockhaus ist eine Nationalhymne dafür da, das National- und Staatsbewusstsein auszudrücken. Was bedeutet National- oder Staatsbewusstsein in der heutigen Zeit? Nationalismus und Deutschland ist ja immer ein heikles Thema. Außerdem leben in der Bundesrepublik immer mehr Menschen mit einem Migrationshintergrund, die sich mit verschiedenen Staaten identifizieren und sich in mehreren Ländern zugehörig fühlen. So ein Nationalbewusstsein wie es es in anderen Staaten gibt, findet man in Deutschland nur schwer. Allerdings hat sich hier im Zuge der Fußball-WM 2006 doch schon ein wenig verändert. Wer heute eine deutsche Flagge an sein Fenster hängt, wird nicht gleich politisch rechts eingeordnet. Als jedoch sechs Nationalspieler um Klose und Götze ihren „Gaucho-Tanz“ auf der Berliner Fanmeile vorführten, gab es doch wieder Diskussionen, die immer wieder zu der Frage „Dürfen wir das?“ führen. Dürfen wir überhaupt eine Nationalhymne singen? Darf das Mitsingen oder Nicht-Mitsingen dieser Nationalhymne über Integration oder nicht entscheiden? Darauf ein klares „Ja“ oder „Nein“ zu antworten ist schwierig.
Ebenfalls 2006 zog die Idee durch die Medien, eine türkische Übersetzung der Nationalhymne anzubieten – doch auch hier gab es wieder starke Proteste. Die Überlegung dahinter war den türkischstämmigen Deutschen dadurch einen neuen Zugang zur Integration zu geben. Das stieß aber eher auf Ablehnung als auf Zustimmung.
Dabei sind gerade solche Diskussionen wichtig in Bezug auf Nationalhymne und Nationaldenken insgesamt. Schließlich sind die grundsätzlichen Werte, die in den verschiedenen Nationalhymnen der Staaten vertreten werden grundsätzlich ähnlich: Einigkeit, Recht und Freiheit bei den Deutschen oder Freiheit, Frieden und Glück im Türkischen. Die jeweiligen Ländernamen wären in vielen Hymnen sogar fast beliebig austauschbar.
Wäre es deshalb nicht an der Zeit eine einheitliche Hymne zu schaffen? Ein Lied, das beide Fußballmannschaften gemeinsam singen? Mit der Europahymne wurde so ein Versuch schon einmal gestartet. Das Lied ist jedoch auf die EU begrenzt und offiziell ohne Text, weil keine Sprache bevorzugt werden soll. Doch was spricht dagegen, in jeder Sprache eine eigene Übersetzung des Textes zu singen? Dann kann jeder die Sprache wählen, in der er oder sie sich am wohlsten fühlt. Gleichzeitig wären alle Diskussionen zu Übersetzungen der Nationalhymnen hinfällig und ein weiterer Faktor für mehr Integration und miteinander geschaffen. Denn aus dem Nationalbewusstsein wird ein Bewusstsein für eine große Vielfalt an Kulturen. Für die Gemeinschaft dieser Kulturen und auch für die Unterschiede, die diese Gemeinschaft bereichern.
Die WM ist vorbei. Die letzten Deutschlandflaggen werden auch eingeholt. Was bleibt ist die Nationalhymne. Soll sie das?
Hoffmann von Fallersleben, Dichter der Nationalhymne (Dieter Schütz / pixelio.de) |
Abgesehen von Fußball-Länderspielen und Olympia-Siegerehrungen gibt es im Alltag kaum Berührungspunkte mit der deutschen Nationalhymne. Gespielt wird sie sonst noch bei nationalen Empfängen.
Doch identifiziert sich noch ein Deutscher mit der Nationalhymne? Braucht es so ein Deutschlandlied heute überhaupt noch?
Laut dem Brockhaus ist eine Nationalhymne dafür da, das National- und Staatsbewusstsein auszudrücken. Was bedeutet National- oder Staatsbewusstsein in der heutigen Zeit? Nationalismus und Deutschland ist ja immer ein heikles Thema. Außerdem leben in der Bundesrepublik immer mehr Menschen mit einem Migrationshintergrund, die sich mit verschiedenen Staaten identifizieren und sich in mehreren Ländern zugehörig fühlen. So ein Nationalbewusstsein wie es es in anderen Staaten gibt, findet man in Deutschland nur schwer. Allerdings hat sich hier im Zuge der Fußball-WM 2006 doch schon ein wenig verändert. Wer heute eine deutsche Flagge an sein Fenster hängt, wird nicht gleich politisch rechts eingeordnet. Als jedoch sechs Nationalspieler um Klose und Götze ihren „Gaucho-Tanz“ auf der Berliner Fanmeile vorführten, gab es doch wieder Diskussionen, die immer wieder zu der Frage „Dürfen wir das?“ führen. Dürfen wir überhaupt eine Nationalhymne singen? Darf das Mitsingen oder Nicht-Mitsingen dieser Nationalhymne über Integration oder nicht entscheiden? Darauf ein klares „Ja“ oder „Nein“ zu antworten ist schwierig.
Ebenfalls 2006 zog die Idee durch die Medien, eine türkische Übersetzung der Nationalhymne anzubieten – doch auch hier gab es wieder starke Proteste. Die Überlegung dahinter war den türkischstämmigen Deutschen dadurch einen neuen Zugang zur Integration zu geben. Das stieß aber eher auf Ablehnung als auf Zustimmung.
Dabei sind gerade solche Diskussionen wichtig in Bezug auf Nationalhymne und Nationaldenken insgesamt. Schließlich sind die grundsätzlichen Werte, die in den verschiedenen Nationalhymnen der Staaten vertreten werden grundsätzlich ähnlich: Einigkeit, Recht und Freiheit bei den Deutschen oder Freiheit, Frieden und Glück im Türkischen. Die jeweiligen Ländernamen wären in vielen Hymnen sogar fast beliebig austauschbar.
Wäre es deshalb nicht an der Zeit eine einheitliche Hymne zu schaffen? Ein Lied, das beide Fußballmannschaften gemeinsam singen? Mit der Europahymne wurde so ein Versuch schon einmal gestartet. Das Lied ist jedoch auf die EU begrenzt und offiziell ohne Text, weil keine Sprache bevorzugt werden soll. Doch was spricht dagegen, in jeder Sprache eine eigene Übersetzung des Textes zu singen? Dann kann jeder die Sprache wählen, in der er oder sie sich am wohlsten fühlt. Gleichzeitig wären alle Diskussionen zu Übersetzungen der Nationalhymnen hinfällig und ein weiterer Faktor für mehr Integration und miteinander geschaffen. Denn aus dem Nationalbewusstsein wird ein Bewusstsein für eine große Vielfalt an Kulturen. Für die Gemeinschaft dieser Kulturen und auch für die Unterschiede, die diese Gemeinschaft bereichern.
In nicht wenigen anderen Ländern dieser Welt würdest du für diesen Text des Hochverrats beschuldigt werden ;-) Das die Nationalhymne als so unwichtig angesehen wird, ist schon recht spezifisch deutsch. In einem anderen Land, in dem ich längere Zeit gelebt habe, war es Pflicht, die Hymne vor jeder öffentlichen Veranstaltung zu singen. Ich hab den Verdacht, dass ihre Bedeutung in Deutschland in den nächsten paar Jahren auch wieder wachsen wird - 2006 kamen die Fahnen wieder, irgendwann erlebt auch die Hymne ihr Comeback. Und das finde ich gut so: einen gewissen Nationalstolz ist meiner Ansicht nach wichtig. Und daran ist absolut nichts anstößiges, solange man aufpasst, das Nationalstolz nicht in Nationalismus überschwappt. Vielleicht fördert er sogar die Integration, denn wer stolz auf das Land ist, in dem er lebt, der fühlt sich dazugehörig. Das sage ich übrigens aus eigener Erfahrung.
AntwortenLöschenU.a. deswegen bin ich auch nicht dafür, das Deutschlandlied ins Türkische übersetzen zu lassen. Schließlich stammt es aus einer der wenigen Epochen unserer Geschichte, auf die wir wirklich stolz sein können - die Einheitsbewegung, die in der Märzrevolution 1848 gipfelte. Was wäre besser geeignet, um dem Stolz aller deutschen Bürger - ob mit oder ohne Migrationshintergrund - auf ihr geeinigtes Land Ausdruck zu verleihen?
Dein Text regt mich sehr zum Nachdenken an...
AntwortenLöschenIch würde die deutsche Nationalhymne nicht als nationalistisch auffassen. Auch wenn sie in diesem Geiste verfasst wurde, steht sie in meinen Augen doch viel eher für die Ziele und Werte unseres Staates, aber auch seiner Geschichte.
Das Übersetzen an sich ist nicht problematisch, aber wenn gleichzeitig in mehreren Sprachen gesungen wird, könnte es kompliziert werden. Deshalb halte ich es für sinnvoll, wenn die Hymne nur in den offziellen Staatssprachen gesungen wird.
Eine einheitliche Hymne erfordert einen einheitlichen Staat oder ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Daran scheitert es, auch in der EU.
Das Deutschlandlied auf Türkisch würde wahrscheinlich auch wenig bringen. Wer sich mit Deutschland identifiziert, würde wohl auch Deutsch können, und wer es nicht tut, würde es nicht singen wollen.
Ich bezweifle, dass ein Nationalbewusstsein für eine kulturelle Vielfalt günstig ist, zumindest wenn man bei der Definition einer Nation bleibt. Diese definiert sich zumindest in Deutschland über die Kultur. Viel besser wäre eine ein Bewusstsein zur Zugehörigkeit zum deutschen Staat mit seinen Werten wie Freiheit und Gerechtigkeit. Auf diese Weise hätte man ein relativ kulturneutrales Zusammengehörigkeitsgefühl.
Ich bezweifle auch, dass "Stolz" eine Lösung ist. Stolz sind die Menschen erst auf ein Land, wenn sie sich diesem zugehörig fühlen. Eine Nationalhymne fördert auch nicht den Stolz, sie ist nur eine von vielen Möglichkeiten, diesen Ausdruck zu verleihen.
Ich vermute, auf Dauer wird das Deutschlandlied eine begrenzte Bedeutung für all jene haben, die sich mit unserem Staat identifizieren. Irgendwann allerdings wird sie wohl durch supranationale Konzepte wie der EU mit ihrer, vllt überarbeiteten und möglicherweise auch textbasierten Hymne ersetzt werden.
@Martin, das sehe ich genauso. Nur deinen ersten Absatz verstehe ich noch nicht so ganz...
AntwortenLöschen.... Die Menschen welche mitsingen singen MIT Ihren Landsleuten. ..
AntwortenLöschenDa fehlte ein Wort. Gemeint war dass Menschen gemeinsam singen.
Mir ist nur vorhin noch eingefallen: bei allen Vorbehalten, die ich bzg. einer Deutsch/Türkischen Hymne habe - eine mehrsprachige Hymne muss nicht schlecht sein. Die Südafrikanische ist da wohl ein Extrembeispiel: seit 1997 hat sie Bestandteile in fünf Sprachen (Xhosa, isiZulu, Setswana, Afrikaans und Englisch) und besteht aus einer Mischung von zwei verschiedenen Liedern und Melodien. Und ist trotzdem eine wunderschöne Hymne...
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