KW 8
Geschichte bietet Minderheiten und sozialen Gruppen eine wichtige Identifikationsgrundlage, gleichzeitig aber auch Stoff für Erzählungen und Filme. Damit Geschichte diesen Zweck jedoch erfüllen kann, muss sie oft bearbeitet werden - eine Quelle für Konflikte.
Wort der Woche: Geschichtspropaganda
Es ist eine der erklärten Aufgaben der Kunst, zur Erinnerungskultur beizutragen und so Identität zu schaffen. Wenn Herta Müller das Schicksal der Siebenbürger Sachsen nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt, so zeigt sie die individulle Vergangenheit dieser Minderheit, und das gemeinsame historische Erbe, dass ihre Angehörigen teilen und damit ihre Legitimation als eigenständige Gemeinschaft in der Gegenwart legitimiert.
Um die Vergangenheit für so etwas nutzbar zu machen, müssen jedoch Narrative konstruiert werden, die die historische Wahrheit verkürzen, stilisieren und werten - aber so vor allem auch massentauglich, unterhaltsam und verwertbar machen. Die konkrete Wahrheit ist oft zu facettentreich, zu wenig in Gut und Böse zersplittert, zu zwiespältig, um einfache Aussagen zu treffen, um für bestimmte Rollenbilder zu dienen (wie die USA als Land der Freiheit). Der Konflikt zwischen echten Begebenheiten und Narrativen ist nicht nur für die Geschichtswissenschaft von Bedeutung, sondern auch gesellschaftlich brisant.
Aus solchen Narrativen kann nicht nur Identität, sondern auch Ansprüche an die Gegenwart abgeleitet werden, ebenso sind sie die Quelle für Konflikte zu anderen gesellschaftlichen Gruppen. Wir sehen dies konkret an dem aktuellen Film "Selma", der in den USA für Aufsehen sorgt. Er handelt von der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King, stellt aber vor allem zu narrativen Zwecken den US-Präsidenten Johnson als uneinsichtigen Kontrahenten dar- entgegen der historischen Wahrheit.
So etwas verschärft natürlich die sozialen Konflikte in den USA, fühlen sich doch die Weißen angegriffen, die Afroamerikaner jedoch in ihren noch vorhandenen Forderungen bestätigt - immerhin ist ihr Wohlstand immer noch deutlich geringer. Gleichzeitig weißt dies auch auf den immer noch grassierenden Rassismus hin.
Identität ist wichtig - doch wer dazu allzu locker mit Narrativen umgeht, verursacht oftmals revisionistische, auf die Vergangenheit ausgerichtete Konflikte. Oftmals ist es dienlicher, sich an die historische Wahrheit zu halten, und soziale Gruppen zu versöhnen - denn auch aus Versöhnung kann man Identität schaffen, wir sehen dies an Deutschland und Frankreich. Identität entsteht nicht nur aus Wettbewerb und Konflikt, sondern auch durch Versöhnung und Erkenntnis.
Niklas Götz
Und was war euer Ärger und Freude der Woche?
Geschichte bietet Minderheiten und sozialen Gruppen eine wichtige Identifikationsgrundlage, gleichzeitig aber auch Stoff für Erzählungen und Filme. Damit Geschichte diesen Zweck jedoch erfüllen kann, muss sie oft bearbeitet werden - eine Quelle für Konflikte.
Wort der Woche: Geschichtspropaganda
Es ist eine der erklärten Aufgaben der Kunst, zur Erinnerungskultur beizutragen und so Identität zu schaffen. Wenn Herta Müller das Schicksal der Siebenbürger Sachsen nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt, so zeigt sie die individulle Vergangenheit dieser Minderheit, und das gemeinsame historische Erbe, dass ihre Angehörigen teilen und damit ihre Legitimation als eigenständige Gemeinschaft in der Gegenwart legitimiert.
Um die Vergangenheit für so etwas nutzbar zu machen, müssen jedoch Narrative konstruiert werden, die die historische Wahrheit verkürzen, stilisieren und werten - aber so vor allem auch massentauglich, unterhaltsam und verwertbar machen. Die konkrete Wahrheit ist oft zu facettentreich, zu wenig in Gut und Böse zersplittert, zu zwiespältig, um einfache Aussagen zu treffen, um für bestimmte Rollenbilder zu dienen (wie die USA als Land der Freiheit). Der Konflikt zwischen echten Begebenheiten und Narrativen ist nicht nur für die Geschichtswissenschaft von Bedeutung, sondern auch gesellschaftlich brisant.
Aus solchen Narrativen kann nicht nur Identität, sondern auch Ansprüche an die Gegenwart abgeleitet werden, ebenso sind sie die Quelle für Konflikte zu anderen gesellschaftlichen Gruppen. Wir sehen dies konkret an dem aktuellen Film "Selma", der in den USA für Aufsehen sorgt. Er handelt von der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King, stellt aber vor allem zu narrativen Zwecken den US-Präsidenten Johnson als uneinsichtigen Kontrahenten dar- entgegen der historischen Wahrheit.
So etwas verschärft natürlich die sozialen Konflikte in den USA, fühlen sich doch die Weißen angegriffen, die Afroamerikaner jedoch in ihren noch vorhandenen Forderungen bestätigt - immerhin ist ihr Wohlstand immer noch deutlich geringer. Gleichzeitig weißt dies auch auf den immer noch grassierenden Rassismus hin.
Identität ist wichtig - doch wer dazu allzu locker mit Narrativen umgeht, verursacht oftmals revisionistische, auf die Vergangenheit ausgerichtete Konflikte. Oftmals ist es dienlicher, sich an die historische Wahrheit zu halten, und soziale Gruppen zu versöhnen - denn auch aus Versöhnung kann man Identität schaffen, wir sehen dies an Deutschland und Frankreich. Identität entsteht nicht nur aus Wettbewerb und Konflikt, sondern auch durch Versöhnung und Erkenntnis.
Niklas Götz
Und was war euer Ärger und Freude der Woche?
Ärger
AntwortenLöschenDie IS hat nicht nur die Menschen massenhaft getötet. Wie sich jetzt bei der Exhumierung von Massengräber gezeigt hat, hat die IS vielen Menschen Organe entnommen und diese vermutlich verkauft.
Freude
Bürger in Ost und West gleichen sich in Ihren Einstellungen 25 Jahre nach der Einheit weitgehend an. Dies hat eine Umfrage ergeben. Besonders hervorzuheben ist, dass die jüngere Generation nicht mehr in Ost und West „denkt“. Den Ossi und Wessi gibt es schlichtweg nichtmehr für die Jugend von heute. Gut so.
Ärger 2:
Deutschland steht bei Griechenland mit 80 Mrd in der Haftung. Das sind umgerechnet 1000€ pro Einwohner.